Zunächst mal ein handwerkliches Lob: Eurem Fotografen ist es wirklich gelungen, „Mallorcas dunklen Sommer" einzufangen. Und auch die nächtlichen Szenen an der Playa de Palma, von abgestürzten Existenzen, Überlebenskünstlern und Urbildern des Ballermann-Touristen, zeugen von Nähe und Intensität.

Davon abgesehen habt Ihr kräftig daneben gelangt, zum Beispiel, wenn Ihr die Zustände als Neuigkeit verkauft. Die Kleinkriminalität gehörte auch schon vor der geplatzten Immobilienblase zur Playa. Wer in den Archiven nachschaut, findet zuhauf Razzien gegen Hütchenspieler und Konflikte mit fliegenden Händlern. Es war auch früher keine gute Idee, nachts allein und betrunken durch Nebengassen an der Playa de Palma zu gehen. Die meisten Prostituierten und fliegenden Händler hatten schon vor der Krise keinen geregelten Job und auch keine Aufenthaltsgenehmigung.

In einer mehrseitigen Reportage hätte zudem auch Platz sein müssen für die Veränderungen an der Playa. Millionenschwere

Investitionen sind angekündigt, erstmals entsteht hier ein Fünf-Sterne-Hotel. Konzerne wie Iberostar setzen auf das sechs Kilometer lange Tourismusgebiet, in dem vorzeigbare Viertel genauso zu finden sind wie das berüchtigte Dunkel-Arenal.

Vor allem aber kreiden wir Euch an, dass Ihr das kritisiert, was Ihr übers ganze Jahr hinweg selbst befeuert - mit Ballermann-Sternchen und ihren Songtexten unter der Gürtel­linie, mit Starlets à la Micaela Schäfer, mit Berichten von der Front der Kampftrinker. Es ist dieser Journalismus, der das Billig-­Image ­bestärkt, wodurch überhaupt erst das Ambiente dieser Subkultur möglich wird. Diese Subkultur wird dann von Betrügern und Kleinkriminellen ins Visier genommen. Statt sich über betrunkene Urlauber mit Gummipuppen lustig zu machen, müsstet Ihr als allererstes verstehen, dass es in einem Revier des Partytourismus nicht so gesittet zugehen kann wie im stillen Port de Sóller oder familienfreundlichen Cala d´Or. Oder wollt Ihr das wirklich?