Es ist einer dieser Fälle, in denen sich die Schere zwischen der deutschen und der spanischen Medienöffentlichkeit erstaunlich weit öffnet: Die in Spanien, insbesondere aber hier auf Mallorca als historisches Ereignis von Weltrang präsentierte Vorladung der Königstochter Cristina ist in Deutschland nur am Rande beachtet worden. Woran liegt das? Zum einen sicherlich daran, dass Skandale, deren Aufdeckung sich über so lange Zeit hinziehen, sehr schnell sehr verzwickt werden - zumal wenn es sich, wie in diesem Fall, um eine Finanz- und Steueraffäre handelt. Es ist wie bei einer TV-Soap: Wer nicht die vorherigen Kapitel gesehen hat, versteht die neuesten Irrungen und Wendung nicht - oder hat gar keinen Sinn für sie. Zum anderen war es schon immer so, dass spanische Zeitungen, Radiosender und TV-Sender dick auftragen. Berichterstattungslawinen wie die rund um die Infantin haben sicherlich auch ihre Entsprechung in der allgemeinen Redefreudigkeit in diesem Land.

Doch es gibt noch einen weitaus gewichtigeren Grund für das immense Interesse an dieser Vorladung: Es ging hier weniger um Cristina als um die Monarchie an sich. Nach Jahren beträchtlicher Einkommens- und Vermögensverluste ist der ­Urdangarin-Skandal wie ein Ventil für einen Volkszorn, der sich nicht so sehr in der Handvoll ­Demonstranten ausdrückt, die sich vor der Absperrung in Palma einfanden, als vielmehr in den abfälligen Bemerkungen über die Königs­familie, die derzeit fast überall zu hören sind. Der Ansehensverlust der früher sakrosankten Monarchie ist rasant und nicht nur links von der politischen Mitte offensichtlich. Viele sehen die Machenschaften Urdangarins und die vermeintliche Ahnungslosigkeit seiner Frau nur als einen weiteren Akt eines größeren Dramas namens Götterdämmerung. Wie das Königshaus - und sei es unter Thronfolger ­Felipe - wieder zur alten Würde zurückfinden soll, ist nicht zu erkennen.