Manch einer würde die Hoteliers als vierte Macht auf Mallorca bezeichnen. Die Landesregierung schneidert ihnen Gesetze nach Maß, ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung hängt wirtschaftlich von ihnen ab. Und nicht einmal die Gewerkschaften trauen sich offensichtlich, ihnen so recht an den Karren zu fahren.

Dass diese zum jetzigen Zeitpunkt, also vor Beginn der eigentlichen Tarifverhandlungen, noch nicht mit konkreten Forderungen kontern wollen, obwohl die Hoteliers längst eine Nullrunde angekündigt haben, ist vermutlich die klügere Variante und sei ihnen verziehen. Doch wie kann es sein, dass Gewerkschafter in so einer Situation eine heile Welt vorgaukeln, in der sich jeder Arbeitgeber im Hotel- und Gastgewerbe an den Tarifvertrag hält? Dass gerade in der Gastronomie - wie übrigens auch in Deutschland - teilweise Hungerlöhne gezahlt werden und mit Arbeitsverträgen getrickst wird, um die Zahl der Arbeitsstunden zu reduzieren und auf diese Weise Sozialversicherungsbeiträge zu sparen, weiß jeder, der einmal in einer Bar gejobbt hat. Die Aussage, die Leute müssten sich selbst gegen solche Ausbeutungsversuche wehren und Anzeige erstatten, ist in Krisen­zeiten, in denen man früher oder später jeden Job annimmt, ebenso zynisch wie eine Nullrunde nach zwei Rekordjahren, was die Touristenzahlen angeht. Und dass man nicht wisse, wo die schwarzen Schafe stecken, kann nur eine Ausrede sein. Eine Gewerkschaft sollte die Brennpunkte ihrer Branche kennen - und auf die Missstände aufmerksam machen. Die Tarifverhandlungen - und das mit ihnen einhergehende Medieninteresse - sollten sie nutzen, um die Bedingungen generell zu verbessern, und nicht nur für die, die es schon jetzt nicht allzu schlecht haben und nach Tarif bezahlt werden.

Fragt sich nur, ob den Gewerkschaften der Wille dazu fehlt oder sie nicht dazu in der Lage sind. In letzterem Fall sollten sie noch einmal überlegen, wen sie zu ihren Verhandlungsführern ernennen. Denn die Hoteliers dürften mit einem auf Outsourcing spezialisierten Anwalt aus Madrid mit einem starken Kontrahenten aufwarten.