Was alternative Schulformen angehe, sei Spanien noch eine Entwicklungsland, ist in einem deutschen Auswanderer-Ratgeber zu lesen. Tatsächlich garantieren zwar sowohl die spanische Verfassung als auch die europäische Menschenrechtskonvention Eltern das Recht, die Erziehung und den Unterricht ihrer Kinder entsprechend ihren Überzeugungen auszuwählen. Trotzdem gibt es in Spanien keine offizielle Vorschriften, wie genau alternative Bildungseinrichtungen jenseits des öffentlichen Schulsystems - das, wie die Pisa-Studien belegen, nicht zu den besten gehört - auszusehen haben. Natürlich ist es richtig und nötig, dass der Staat oder im Falle des auch in Spanien föderal organisierten Bildungswesens die jeweiligen autonomen Regionen eine Kontrollfunktion übernehmen. Nur so kann verhindert werden, dass beispielsweise ultrareligiöse oder sonstwie fragwürdige Inhalte an in dieser Beziehung wehrlose Kinder vermittelt werden. Alternativen zum ewig gleichen Frontal­unterricht in großen Klassen rechtlich aber einfach zu ignorieren, kann auch nicht Sinn der Sache sein. Wer trotzdem versucht, andere Lösungs- und Unterrichtsansätze zu verwirklichen, endet nicht selten verbittert: Spanien sei ein „Land der unfähigen Arschlöcher", so einer der - wohlbemerkt einheimischen - Befragten nach jahrelangem Kampf gegen bürokratische Windmühlen. Andererseits zeigt gerade der Fall von „Sa Llavor", dass es - auf die spanische Art - dann doch irgendwie geht: Zwar hat die Schule auch nach sieben Jahren noch keine offizielle Betriebs­erlaubnis. Doch auf die Frage, ob das Unterrichten der Kinder dort denn nun legal oder illegal sei, weicht man im Bildungsministerium mit einem „weder noch" aus. Für die Kinder, die sich in der Natur vergnügen dürfen und individuell auf sie abgestimmten Unterricht der anderen Art erhalten, ist das toll. Aber nur so lange, bis irgendjemand klagt: Dann haben die Eltern keine rechtliche Handhabe gegen das Urteil eines konservativen Richters. Und ausbaden müssen es die Kids.