Dass auf dem spanischen Arbeitsmarkt etwas ganz gehörig schief läuft, dafür gibt es Beispiele en masse. Da wäre die Angestellte in einer Modeboutique in Palma. Sie würde gerne acht Stunden arbeiten, aber der Konzern vergibt Ganztagsstellen praktisch nur an leitende Angestellte. Da wäre der Mitarbeiter einer Dienstleistungsfirma auf Mallorca, der schon seinen zweiten befristeten Vertrag hat. Eine Festanstellung wird darauf nicht folgen, man stellt lieber jemand Neues ein. Und dann wäre da die Mitarbeiterin eines Cafés an der Playa de Palma. Sie hat einen Halbtagsvertrag, balanciert aber ganztags ihre Tabletts. Die Überstunden gibt es schwarz auf die Hand.

Die beschriebenen Fälle sind kein wirklich neues Phänomen in Spanien, seit der Arbeitsmarktreform von 2012 aber gang und gäbe und Anlass für die EU-Kommission, Nachbesserungen zu fordern. So klar auf der Hand liegt, dass der Arbeitsmarkt vor der Reform zu unflexibel war, so klar muss man jetzt feststellen, dass die Reform trotz Verbesserungen in einzelnen Punkten vor allem großen Schaden angerichtet hat, ohne viele der eigentlichen Probleme zu lösen.

Die Analyse dieser Probleme bleibt in der öffentlichen Debatte schnell im ideologischen Gegensatz der Tarifparteien stecken - hier die Arbeitnehmer, die ihre Rechte beschnitten sehen, dort die Unternehmer, die Flexibilität für die Schaffung von Arbeitsplätzen fordern. Dabei sollte ein motivierter Angestellter eigentlich wenig Interesse an einer hohen Abfindung haben, sondern an Weiterbildungsmöglichkeiten, flexiblen Arbeitsbedingungen und Leistungsanreizen. Ein Arbeitgeber wiederum kann langfristig von unmotivierten Angestellten, die er immer wieder neu einlernen muss, wenig erwarten - auch in einfachen Dienstleistungsjobs sind Know-how und Engagement fundamental. Angesichts der vielfach prekären Beschäftigungs­verhältnisse darf die spanische Regierung daher die sinkenden Arbeitslosenzahlen nicht als Erfolg verbuchen.

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