Wer regelmäßig spanische Fernsehnachrichten schaut, der kann die Worte der Vertreter der beiden Volksparteien eigentlich schon auswendig mitsprechen. Statt politischem Diskurs hört man von Konservativen und Sozialisten die immer selben Phrasen, statt Debattenbeiträgen persönliche Angriffe, statt Lösungsvorschlägen die Suche nach einem Schuldigen. In konzentrierter Form führten das Premier Mariano Rajoy und Herausforderer Pedro Sánchez bei ihrem TV-Duell am Montag (14.12.) vor - zwei politische Dinosaurier, die aus der Zeit gefallen schienen.

Denn wie politische Kultur auch aussehen kann, zeigte eine TV-Debatte in der Woche zuvor, bei der neben PP und PSOE auch die Spitzenkandidaten der zwei neuen Parteien Podemos und Ciudadanos geladen waren. Natürlich ist auch der Diskurs von Pablo Iglesias und Albert Rivera nicht frei von Phrasen. Und doch verstand man angesichts der neuen Ideen und konkreten Reformvorschläge in der Debatte, warum sich so viele Spanier von den zwei alten Platzhirschen abwenden. Konservative und Sozialisten scheinen sich in ihren Gegner auf der anderen Seite des politischen Grabens verbissen zu haben. Ist es vielleicht ein Verdienst der PP, dass Zapatero kein guter Krisenmanager war? Und sind die Sozialisten besonders gute Menschen, weil die Konservativen im Korruptionssumpf versanken? Bei so viel Beschäftigung mit dem Gegner fehlt die politische Kreativität: Statt neuer Ansätze in der Beschäftigungs­politik hört man von den Sozialisten vorwiegend Klassenkampfparolen, und die Konservativen scheinen allzu oft Reformen mit Kürzungen zu verwechseln.

Die Quittung dafür gibt es bei den Parlamentswahlen an diesem Sonntag. Podemos und Ciudadanos dürften aus dem Stand zu gleichwertigen politischen Akteuren aufsteigen. Egal, ob sie ihre Versprechen einlösen - die neuen Parteien werden allein durch ihre Existenz im Parlament eine neue Debatten- und Konsenskultur bewirken und die Wahlen als Zäsur in der jüngeren spanischen Demokratie erscheinen lassen.