Dass die Freiheit über den Wolken grenzenlos ist, können Piloten auf europäischen Strecken nun wirklich nicht sagen. Dort, wo Autofahrer fast unbemerkt am Boden die Ländergrenzen passieren, hüten die Lotsen am Himmel Sektoren, die mehr oder weniger diese Grenzen widerspiegeln. Und wenn Flugzeuge diese passieren, gibt es eine obligatorische Übergabe zwischen den nationalen Kontrollzentren. Jedes von ihnen hat, trotz internationaler Standards und Kommunikation auf Englisch, seine eigene Arbeitsweise. Und auch Ausbildung, Vergütung sowie Arbeitnehmerrechte der beschäftigten Fluglotsen unterscheiden sich von Land zu Land.

Das bekommen derzeit die Passagiere auf Mallorca-Flügen zu spüren. Eine Handvoll Lotsen in Marseille, die - berechtigt oder nicht - mit der reformbemühten französischen Regierung im Clinch liegen, bringen den gesamten Flugverkehr am Wochenende bis auf Weiteres ordentlich durcheinander. Der betroffene Flugsektor lässt sich wegen seiner Größe schließlich nicht so einfach umfliegen. Dass die französischen Lotsen großzügige Arbeitnehmerrechte und womöglich überkommene Privilegien genießen, ist aber nur ein Teil des Problems. Die nationale Kleinstaaterei am Himmel ist nicht funktionell und ein weiteres Beispiel dafür, dass Europa in zentralen Fragen wie der Mobilität längst mehr Einheit hätte wagen müssen. Nur wenn Länderregierungen auf Zuständigkeiten verzichten, kommt Europa insgesamt vorwärts.

Das ist keine politiktheoretische Forderung, sondern ein Effizienzmangel, der sich beziffern lässt: Ein zentralisierter „European Single Sky" würde 50 Prozent mehr Flüge ermöglichen, so die Rechnung des Verbands der spanischen Airlines. Die Vermeidung von Umwegen könnte den Treibstoffverbrauch drosseln. Und nicht zuletzt wären internationale, grenzübergreifende Kontroll­zentren mit Fluglotsen, die für ihre verantwortungsvolle Tätigkeit gleich und fair entlohnt werden, ein Vorbild für die euro­päische Zusammenarbeit in jeder Hinsicht.

Hintergrund: Marseille umfliegen ist nicht leicht