Matías Vallés, der wohl bekannteste und scharfzüngigste mallorquinische Journalist, sieht für die Insel einen erheblichen Image-Schaden durch die heftige Diskussion, die in Deutschland entbrannt ist. Wir übersetzen seine am Freitag (26.3.) im "Diario de Mallorca"

In aller Munde, wenn auch negativ

Eine Frau aus der Region Aragón, die in Deutschland lebt, erklärt uns, dass sie von dort nach Mallorca reisen kann, aber nicht nach Zaragoza, um ihre Großmutter zu besuchen. Sie meint dabei jegliches ausländisches Reiseziel, nennt aber Mallorca als Beispiel. Die Kandidatin der Partei "Más Madrid" bei der Regionalwahl sagt, sie wolle nicht, dass die spanische Hauptstadt zu "Magaluf" werde. Sie hätte auch allgemein von Sauftourismus sprechen können, aber sie brauchte eine Verortung auf der Landkarte. "Madrid hat nichts mit Magaluf zu tun!", widersprechen lautstark ihre Rivalen und machen damit nur alles schlimmer.

Was hat euch Mallorca bloß angetan? Sollten Ihnen diese Provinzpossen noch nicht reichen, dann denken Sie daran, dass die Insel in Berlin eine Staatskrise ausgelöst hat. Diejenigen Tourismusunternehmer, die sich früher darüber beschwerten, dass eine noch so kleine negative Erwähnung in einem Artikel ihnen ihre Sommersaison vermassele, bringen nun einen Großteil der deutschen Bevölkerung gegen sich auf. Merkel hatte noch nicht einmal Trump so sehr im Visier wie nun Mallorca.

Ihre Ankündigung, dass sie "Himmel und Hölle in Bewegung" setzen würde, um Reisen auf die Insel zu verhindern, ist die größte Verunglimpfung der Geschichte, und das seitens eines Landes, das unsere Ministerpräsidentin Francina Armengol mit offenen Armen willkommen heißt, und seitens der derzeit prominentesten Staatslenkerin. Sie hätte mit dem Finger auch auf eine andere Destination zeigen können, aber die Anziehungskraft der Insel ist unwiderstehlich.

Dieser destruktive Hass auf die Insel war bislang nur von korrupten Lokalpolitikern bekannt. Selbst die Urlauber, die es unter unwahrscheinlichen Umständen geschafft haben, auf die Insel zu gelangen, sagen, dass sie eigentlich Norderney vorgezogen hätten, aber sie da ja nicht hindürfen. Die Insel ist in aller Munde, wenn auch negativ. Die Zukunft, so es sie überhaupt noch gibt, wird darüber entscheiden, was diese Flut an negativer Werbung für Auswirkungen auf die Urlauberzahlen haben wird.

Anders sieht das Ciro Krauthausen in seinem Leitartikel in der gedruckten Ausgabe und im E-Paper

Was vom Schlamassel übrig bleibt

Das Fiasko rund um die Öffnung Mallorcas für deutsche Urlauber zu Ostern hinterlässt viel böses Blut und fast noch mehr Frustration. Es bringt aber auch eine positive Erkenntnis. Zunächst: Kaum einer der Beteiligten kommt bei dieser Geschichte gut weg, von den verschiedenen Regierungen über die Tourismus-Unternehmer bis hin zu den Medien. Sowohl in Deutschland als auch in Spanien war die offensichtliche Ungleichbehandlung von einheimischen und ins Ausland reisenden Urlaubern schlichtweg untragbar; der Ärger darüber brachte schließlich sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel, die ja schon einiges durchgemacht hat in ihrem politischen Leben, ins Straucheln. Berlin mag schon aus juristisch-verfahrenstechnischen Gründen zur Aufhebung der Reisewarnung gezwungen gewesen sein, die Ausmaße der Mallorca-Begeisterung der Bürger unterschätzte man dennoch dramatisch.

Das ist aus der Inselperspektive heraus die positive Erkenntnis: Gegen die deutsche Mallorca-Begeisterung ist noch nicht einmal eine Pandemie gewachsen, darauf kann die Insel weiter bauen. Jetzt fehlt nur noch, dass Politiker und Journalisten in Deutschland noch in weiterer Hinsicht dazulernen: Wie jeder weiß, der schon mal hier war, erschöpft sich Mallorca keineswegs in seinem berühmt-berüchtigten, derzeit übrigens geschlossenen Partytreiben. Die in den vergangenen Tagen im Dutzend vorgebrachte Unterstellung, dass es Mallorca-Reisenden doch ohnehin nur um das Eine gehe, ist so absurd, dass man als Inselfreund nur noch auf Durchzug stellt.

Wobei vielleicht gerade das die Crux ist: Weil diese Meinungsmacher die Insel immer wieder mit dem Ballermann-Klischee in Verbindung bringen, unterschätzen sie ihre Anziehungskraft. Die Insel ernst zu nehmen, wäre jedoch der erste Schritt, um auch ernsthaft über die mit den Reisen hierhin einhergehenden Risiken zu reden.