Was hat der Wal mit dem Kreuzfahrtschiff zu tun? Zunächst einmal rein gar nichts, möchte man meinen.

Das Kreuzfahrtschiff tauchte diese Woche wie ein schlechter Witz vor Mallorca aufwie ein schlechter Witz: ein nagelneues schwimmendes Urlaubsresort, in Auftrag gegeben und auf Pump gekauft, in einer Zeit, als die Reisewelt noch in Ordnung und Corona unvorstellbar war, ein Riese aus Stahl, der nun doch nicht vor Israel kreuzt, weil dort Krieg ist oder war, und stattdessen nun in die Karibik fährt, weil da noch was geht. Der vorher aber noch kurz auf Mallorca fünf Corona-Infizierte ablädt. Auf jener Insel also, die wie kaum eine andere Region Europas unter den wirtschaftlichen Folgen von Corona - namentlich dem Wegbleiben der Urlauber - gelitten hat.

Der Grauwal indes tauchte wenige Tage zuvor in der Bucht von Santa Ponça auf als ein weiteres Zeichen dafür auf, wie geschunden das Meer ist. Ein junger bis auf die Knochen abgemagerter Riese, der nicht mehr den Weg aus dem Mittelmeer herausfindet und wohl nie wieder seine Fanggründe im Pazifischen Ozean erreichen wird. Ein dennoch gewaltiges Tier, ­bestaunt und begafft von uns Menschen, die wir solche Lebewesen immer seltener und vielleicht in ein, zwei Generationen gar nicht mehr zu Gesicht bekommen werden. Wir wissen nicht, warum er sich so weit entfernt von seiner Heimat verirrte, aber die Vermutung liegt nahe, dass wir Menschen etwas damit zu tun haben, wie auch bei so vielen anderen Meerestieren, die tot am Strand angespült werden.

Womit wir doch wieder beim Kreuzfahrtschiff wären, diesem Symbol des menschlichen Ressourcenverbrauchs und Ausbreitungswillens über andere Lebensräume hinweg. Sinnbildlich gesprochen ist der eine Riese verantwortlich für das Leid des anderen. Binnen weniger Tage hat uns das Meer vor Mallorca vorgeführt, wie sehr der Planet aus dem Gleichgewicht geraten ist.