Stellen Sie sich vor, Sie beobachten einen Massencrash auf der Autobahn. Sie rufen die Polizei. Als die an der Unfallstelle eintrifft, werden Sie als Einziger festgenommen. Begründung: Sie haben den Unfall nicht verhindert.

So in etwa kann man die derzeitige Regierungspolitik in Palma beschreiben. Die neuen Maßnahmen, die am Freitag (18.6.) von Ministerpräsidentin Francina Armengol und ihrem Kabinett beschlossen wurden, bestrafen die Playa-Wirte für das Verhalten der renitenten Feriengäste am Strand.

Seit etwa zwei Wochen ist die nächtliche Party an der Playa de Palma ein Dauerzustand. Da feiern spanische Abiturienten neben deutschen und holländischen Touristen, ohne die derzeitigen Regeln auch nur im Ansatz zu würdigen. Die Polizei ist weitgehend machtlos.

Was macht nun die Regierung? Statt auf den Straßen die Gesetze durchzusetzen, limitiert sie die Gastronomie, deren Betreiber sich in den vergangenen Monaten bewundernswert an die Regeln gehalten haben. Penibel genau werden die Abstände eingehalten, die Tischregeln akribisch und ohne Ausnahmen durchgesetzt. Zur Belohnung folgt der Nackenschlag aus dem Regierungssitz Consolat de Mar.

Zukünftig und bis auf Weiteres wurden folgende Regeln beschlossen:

1.) Keine Biertonnen mehr als Tische, keine Barhocker mehr als Sitz

2.) Maximal 100 Personen im Innenbereich (sechs Personen pro Tisch)

3.) Maximal 200 Personen im Außenbereich (zehn Personen pro Tisch)

Klar trifft das besonders die Großgastronomie. Bierkönig und Bamboleo haben bereits wenige Stunden nach diesem Beschluss die Biertonnen gegen Bierbänke ausgetauscht. Nicht ganz so flexibel reagiert der Megapark. Dort gibt es zwar auch Bierbänke im Fundus. Allerdings wird der Partykomplex unter diesen Umständen überhaupt nicht öffnen, da nicht einmal die Chance besteht, kostendeckend zu arbeiten.

Als das Chaos am Strand begann, kamen durchaus konstruktive Vorschläge von den Playa-Wirten: Mehr Leute an einen Tisch und längere Öffnungszeiten, damit die Urlauber nicht gezwungen sind, auf den Strand auszuweichen. Diesen Wünschen wurde sogar entsprochen. Ab heute gilt der Zapfenstreich ab 2 Uhr und es dürfen auch mehr Menschen an einem Tisch Platz nehmen.

Dennoch: Durch die Limitierung der Kapazitäten insgesamt wird der Strand keinesfalls entlastet. Eher ist das Gegenteil zu befürchten. Belohnt werden zudem die illegalen Getränkeverkäufer, die am Abend die Promenade bevölkern und die jetzt ihr Geschäftsmodell angepasst haben: Am Samstagmorgen (19.6.) bildete sich die längste Schlange vor dem Bierkönig seit der Eröffnung 1987. Rund 150 Meter war sie lang und zog sich bis vor das Hotel Riu San Francisco in der zweiten Linie. Das bedeutet stundenlanges Warten für die Bierkönig-Fans. Kulinarisch versorgt werden die Anstehenden von wem? Richtig, von illegalen Getränkehändlern, die ihre Geschäftszeiten deutlich ausgeweitet haben. Ist es sinnvoll zu erwähnen, dass auf deren Gewinn nicht ein einziger Cent Steuern gezahlt wird?

Kurzum, es werden die Falschen bestraft. Und das ist eine Schande.

Und das Schlimmste: Es ist so wie immer. Den Behörden scheint es zu anstrengend zu sein, Schuldige zu verfolgen, die in der Lage sind wegzulaufen. Lieber konzentriert man sich auf Menschen ohne Fluchtmöglichkeit. Das sind die Gastronomen. Deren Verzweiflung ist durchaus zu spüren. Einer, der nicht genannt werden will, sagt: „Wir bezahlen für die Unfähigkeit der Politik auf den öffentlichen Straßen für Ordnung zu sorgen oder zu wollen."

Es ist immer recht wohlfeil auf politische Entscheidungen zu schimpfen, nur wurde es einem noch nie so leicht gemacht. Die Ergebnisse der Regierungspolitik sind bis auf Weiteres jeden Abend am Strand von Palma zu beobachten.