Seit Wochen wiederholen sich die Bilder von der Playa de Palma nun: Junge Menschen, viele davon Urlauber, die meisten davon wiederum aus Deutschland, treffen sich Abend für Abend an der Strandpromenade und tun so, als gebe es keine Corona-Pandemie. Oder als sei sie inzwischen beendet. Sie trinken - obwohl das längst verboten ist - Alkohol in der Öffentlichkeit in rauen Mengen, liegen sich in den Armen und haben in ihrer feucht-fröhlichen Euphorie von Corona-Regeln wie Abstand und Maske offensichtlich nie etwas gehört. Die Rechtfertigung für das Verhalten lautet fast immer: Wir haben ja jetzt lange genug Opfer gebracht.

Das feierwütige Volk lässt sich auch von einem großen und regelmäßig wiederkehrenden Polizeiaufgebot nicht stören. Im Gegenteil: Die Beamten müssen sich reihenweise dumme Sprüche anhören. Die Arroganz der Party-Urlauber speziell an der Playa de Palma kennt in diesen Monaten keine Grenzen. Kaum den Platz geräumt, sitzen sie schon wieder an Ort und Stelle, wenn die Polizei weg ist. Oder verlagern das Gelage einfach in eine Parallelstraße weiter hinten.

Die Beamten stehen den vergnügungs- und selbstsüchtigen Menschenmassen machtlos gegenüber. Anders als etwa in den Gewerbegebieten, wo sich in den vergangenen Wochen die Einheimischen zum Partymachen trafen. Die Polizei hat es dort inzwischen geschafft, die Trinkgelage einzudämmen. Ein bisschen spät freilich, denn die Corona-Zahlen auf Mallorca sind in den vergangenen Wochen bereits explodiert. Bis Mitte Juni lag die 7-Tage-Inzidenz noch unter 35, inzwischen ist sie über 400 geklettert. Und ein Großteil davon ist wohl auf Partys zurückzuführen, die trotz allem an der Playa de Palma weitergehen.

Junge Menschen fühlen sich häufig unverwundbar, was Covid-19 angeht. Dass das ein Trugschluss ist, zeigt sich auch auf Mallorca inzwischen immer öfter in den Krankenhäusern. Dort ist ein beträchtlicher Teil der Patienten deutlich unter 50 Jahre alt. Und auch das dieser Tage gerne bemühte Argument, dass es kaum noch schwere Verläufe gibt, zieht nicht. Auf den Balearen liegen inzwischen wieder 49 Menschen auf den Intensivstationen. Zum Vergleich: Am 17. Juni waren es gerade mal acht. Und dass auch eine doppelte Impfung nicht zu 100 Prozent vor schweren Verläufen bewahrt, sollte sich inzwischen eigentlich auch herumgesprochen haben.

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Selbst, wenn man vor einer Infektion keine Angst hat: Die Pandemie und die darauffolgende Krise hat auf Mallorca viel neue Armut hervorgebracht. Wer im Tourismus arbeitet oder arbeitete, musste nicht selten eineinhalb Jahre ohne Einnahmen überbrücken. Die Schlangen vor den Tafeln wurden vor allem im Herbst und Winter länger und länger. Viele Existenzen auf der Insel wurden vernichtet, weil der Tourismus ausblieb. All das scheinen die Party-Urlauber und die Einheimischen, die sich zu ihnen an die Playa de Palma gesellen, zu vergessen. Oder es hat sie einfach noch nie interessiert.

Angesichts von so viel Ignoranz möchte man den Feierwütigen zurufen: Reißt euch endlich am Riemen! Es kann nicht sein, dass sich ein Großteil der Menschen auf Mallorca - um nicht zu sagen fast alle - monatelang diszipliniert an alle Corona-Auflagen halten, um irgendwie die Tourismus-Saison 2021 zu retten. Dass sie härteste Einschränkungen der Grundrechte, wie etwa eine fast siebenmonatige nächtliche Ausgangssperre und strenge Kontaktverbote, quasi ohne Murren in Kauf nehmen - in der Hoffnung darauf, dass die Sommersaison wieder Touristen und damit so dringend nötige Einnahmen auf die Insel bringt. Und dass dann eine kleine Minderheit, noch dazu eine derart rücksichtslose, diese massiven Anstrengungen der Bevölkerung mit Füßen tritt. Es ist zum Fremdschämen.