Der Inselduden

Deutsche Theorie und mallorquinische Praxis

Freundschaft, auf gegenseitiger Zuneigung beruhendes Verhältnis von Menschen zueinander

Nach Jahren tiefer Verbundenheit sollten gemäß dem französischen Schriftsteller Alexandre Dumas dem Älteren die positiven Erinnerungen überwiegen: „Freundschaft heißt vergessen, was man gab, und in Erinnerung behalten, was man empfing.“ Doch eine Gefahr bedroht beständig diese Eintracht: „Wenn du Feinde haben möchtest, so leihe deinen Freunden Geld“ (Si vols tenir enemics, deixa doblers als amics).

Am besten hilft in diesem Fall als Gegenmittel „die Rechnungen klar zu haben und die Freundschaft bleibt bestehen“ (Comptes clars i s’amistad dura). Und so sehr das gegenseitige Vertrauen auch ausgeprägt sein mag, so bleibt stets ein gewisses Minimum an Distanz empfehlenswert. Denn ohne Filter gilt im Extremfall: „Wer die Wahrheit sagt, der verliert die Freundschaften“ (Qui diu ses veritats, perd ses amistats). Schon im Talmud, einem der bedeutendsten Schriftwerke des Judentums, wird konstatiert, „dass man leicht einen Feind erwirbt, aber nur schwer einen Freund.“

Ein weiterer möglicher Krisenherd wird auf mallorquí im direkten Umfeld ausgemacht, weshalb als Faustregel gilt: „Mit den Nachbarn eine gute Freundschaft führen, aber die Haustür dabei verschlossen halten“ (Amb sos veïnats, bona amistat i es portal tancat).

Der auf Deutsch viel zitierte Bogen sollte nicht überspannt werden, da ansonsten die gegenteilige Wirkung droht. Das stellt ein kurioser Vergleich aus dem Tierreich in einer hiesigen Redewendung fest, der zudem die Bedeutung dieser beiden an sich grundverschiedenen Bereiche unterstreicht: „Freunde und Pferde sollte man nicht ermüden, ansonsten schadet man ihnen“ (Amics i cavalls, si les canses fas mal).

Einen positiven Schlusspunkt setzt der deutsche Schriftsteller Kurt Tucholsky, der für den Idealfall einer erfüllten gegenseitigen Harmonie treffend schrieb: „Freundschaft, das ist wie Heimat.“