Es ist fast unmöglich, in die Geschichte Doerte Lebenders einzutauchen und zu dem Schluss zu gelangen, die Deutsche habe kein Anrecht auf den herbeigesehnten Tod gehabt. Sie hat gelitten, gekämpft, ihre Entscheidung über Jahre bedacht und durch die aktive Sterbehilfe Erlösung gefunden. Nur das religiöse Argument dürfte manche noch davon abhalten, ihre Entscheidung gutzuheißen: Darf der Mensch Gott spielen? Bestimmen, wann ein Leben zu Ende geht? Die Fragen sind berechtigt. Konsequent gedacht müsste man sie dann aber ausweiten. Ist es in Ordnung, dass die Medizin alltäglich auf lebensrettende und lebensverlängernde Maßnahmen zurückgreift? Die Antwort: Ja, es liegt in ihrem Wesen. Und es ist gut so, obwohl Ärzte immer in gewisser Weise „Gott spielen“, den Todeszeitpunkt hinauszögern. Ist es da umgekehrt nicht auch eine Art von „Lebensrettung“, jemanden von einem schweren und ausweglosen körperlichen Leiden zu befreien?

Vielmehr als ein ethisches Dilemma erscheint mir die aktive Sterbehilfe in einem Rechtsstaat als organisatorische Herausforderung. Nicht das Ob, sondern das Wer und das Wie sind der Knackpunkt. Die Erfahrungen von Lebender legen nah, dass Spanien diese Herausforderung gut meistert, womöglich besser als die Schweiz und andere europäische Länder. Solange keiner der Beteiligten zu etwas gedrängt werden kann, das Genehmigungsverfahren streng ist und leichtfertige – unumkehrbare – Entscheidungen ausgeschlossen werden, bedeutet aktive Sterbehilfe Selbstbestimmung. Die Legalität gewährleistet ihre Würde – bis zum letzten Moment.