Der Inselduden

Deutsche Theorie und mallorquinische Praxis

Ort, lokalisierbarer, oft im Hinblick auf die Beschaffenheit bestimmbarer Platz oder eine besondere Stelle

Bereits im Jahre 550 v. Chr. stellte der griechische Sklave Äsop, dessen Fabeln lediglich mündlich überliefert worden sind, ebenso zynisch wie treffend bezüglich der mangelnden inneren Bereitschaft vieler beständig quengelnder Zeitgenossen fest, dass „derjenige, der an einem Ort unzufrieden ist, selten glücklicher an einem anderen Ort wird“.

Das Gesetz der Schwerkraft, welches auch im übertragenen Sinne auf die Bewegung menschlicher Massen anwendbar ist, besagt, dass „Wasser immer an den Platz fließt, der am tiefsten gelegen ist“ (s’aigua sempre va an es lloc més baix). Jegliche Art von Kenntnissen ist hilfreich und trägt zur Allgemeinbildung bei: „Das Wissen belegt keinen Platz“ (El saber no ocupa lloc) – davon gibt es nie genug. Das folgende Zitat, das unterschiedlichen Personen zugeordnet wird, beinhaltet unabhängig von seinem Ursprung die tiefgreifende Erkenntnis der inneren Ausgeglichenheit: „Das Paradies ist kein Ort, sondern der Zustand des Geistes.“

Auf eine ganz andere Räumlichkeit nimmt man auf Mallorquinisch Bezug, sobald vom „gemeinschaftlichen Ort“ gesprochen wird (Es lloc comú) – es handelt sich hierbei schlicht und ergreifend um das stille Örtchen. Wie bei vielen anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens fehlen auch diesbezüglich die Spuren der ehedem einflussreichen Institution der Kirche nicht: „Wer gibt, was er kann, dem gebührt im Himmel ein guter Platz“ (Qui dóna lo que pot, al cel es fa bon lloc) – selbst verarmte Zeitgenossen wurden so zum Spenden aufgefordert, da nicht die Höhe des Betrages, sondern die Opferbereitschaft als entscheidend galt. Den stilvollen Abschluss bildet ein Zitat des deutschen Malers Franz Marc, der unter anderem als Mitbegründer der Münchner Künstlergemeinschaft Der Blaue Reiter verlauten ließ: „Malerei ist Ankommen an einem anderen Ort.“