Der Inselduden

Deutsche Theorie und mallorquinische Praxis

Baum, Holzgewächs mit festem Stamm, aus dem Äste wachsen

Die menschliche Natur ist mit sämtlichen nur erdenklichen (und unerdenklichen) Aspekten der moralischen Bandbreite ausgestattet, weshalb sich Personen jeweils abhängig vor ihrer Veranlagung und gesellschaftlicher Umgebung in entgegengesetzte Richtungen entwickeln können: „Bäume sind wie Menschen, aus den einen werden Kohle, aus anderen Heilige gemacht“ (Els arbres són com els humans, d’uns fan carbó i d’altres sants).

In zahllosen Redewendungen wird auf das Motiv der Bäume zurückgegriffen, welche als Ebenbild der menschlichen Verhaltensweisen herangezogen werden; so hat beispielsweise „ein gut gepflanzter Baum ein ebensolches Ergebnis zur Folge“ (L’arbre ben plantat, dóna bon resultat) – eine gute Kinderstube gilt nicht umsonst als die „halbe Miete“. Auch auf Mallorca ist Durchhaltevermögen gefragt, um die gewünschten Resultate zu erzielen, weshalb die Feststellung zutrifft, dass „ein Baum nicht mit einem Schlag gefällt wird“ (S’arbre no se talla d’un sol cop) – vielmehr sind Geduld und Ausdauer vonnöten.

Wie leicht es ist, Schadenfreude zu äußern und die ungünstige Lage eines anderen zum eigenen Vorteil auszunutzen, besagt die Redewendung: „Aus einem gefällten Baum macht jedermann Holzscheite“ (D’arbre caigut, tothom fa llenya). Erfahrung ist bekanntlich einer der besten Lehrmeister, während so mancher Neuling noch ordentlich hinzulernen muss: „Ein alter Baum spendet mehr Schatten als ein Neuling“ (S’arbre vell fa més ombra que es novell).

Allerdings ist das hohe Alter nicht immer von Vorteil, da sich viele Menschen mit voranschreitendem Alter neuen Errungenschaften gegenüber abweisend verhalten. Diese Skepsis kann sich auf den privaten oder gesellschaftlichen Bereich beziehen, der Kernpunkt basiert auf der Ansicht, dass „ein alter Baum, der umgepflanzt wird, eher stirbt als verwurzelt“ (Arbre vell i trasplantat, primer mort que arrelat).