Nun ist sie also fertig, die neue Meerespromenade in Cala Ratjada. Schier endlos dauerten die Bauarbeiten an. Die vergangenen Monate waren an der Flaniermeile des beliebten Küstenorts im Nordosten von Mallorca geprägt von (Teil-)Sperrungen, Baulärm und Dreck. Vor dem Saisonbeginn, währenddessen und bis in die Hochsaison hinein. Es war eine Zerreißprobe für die Nerven vieler Gastronomen, die nach Corona auf eine gute Saison angewiesen waren - und eigentlich damit gerechnet hatten, dass die Renovierung noch vor Ostern abgeschlossen würde.

Der tatsächliche Endtermin der Arbeiten wurde so oft verschoben, dass letztlich keiner mehr an irgendwas glaubte. Und das allseits bekannte Schwarze-Peter-Spiel der involvierten Institutionen war wieder in vollem Gange. Das Rathaus, die Küstenbehörde, das balearische Umweltministerium - keiner wollte schuld sein an dem Schlamassel.

Ende Juli ist es halbwegs fertig

Und jetzt? Wir haben Ende Juli, und tatsächlich, es scheint alles fertig zu sein. So mehr oder weniger jedenfalls. Hier und da gucken noch Baurohre alleingelassen aus der Erde. Und die Begrünung fehlt noch. Davon zeugen die etwas schäbig wirkenden - weil derzeit brachliegenden - Inselchen aus vertrockneter Erde, die die Architekten des Paseo Marítimo alle paar Meter eingelassen haben. Ja, man kann sich gut vorstellen, dass sie hübsch aussehen könnten, wenn es darin sprießt und blüht. Andererseits kann man nur hoffen, dass die künftige Vegetation maximal aus hüfthohen Pflanzen bestehen wird - sonst ist der begehrte Meerblick bald für die meisten Gäste der Gastronomie komplett passé. Den Einheimischen dürfte das weniger wichtig sein - sie machen ohnehin einen geringeren Anteil derer aus, die direkt am Paseo einkehren. Doch die meereshungrigen Kaffee-schlürfenden oder Tapas-kauenden Urlauber zahlen gerne die teils saftigen Preise, wenn sie denn dafür in der Pole Position sitzen - ohne nervige Blätter und Blüten, die die Aussicht versperren.

Nur wenige Restaurants mit Tischen am Wasser

So eine richtige Poleposition gibt es seit dem Umbau ja nun ohnehin nicht mehr. Nur einige wenige Restaurants dürfen noch einige wenige Tische direkt am Wasser aufstellen. Die allermeisten Außenbereiche wurden durch die Renovierung zurückversetzt, befinden sich jetzt direkt neben den Innenräumen der Lokale, statt wie zuvor durch einen Fußgängerweg von ihnen abgetrennt.

Der Fußweg verläuft jetzt direkt am Wasser. Der Hintergedanke mag edel sein: Die Pole Position soll auch jenen gegönnt sein, die nicht für teuer Geld konsumieren möchten, sondern einfach nur spazierengehen. Andererseits: Meerblick beim Schlendern gibt es auf Mallorca ja wahrlich genug. Das Besondere in Cala Ratjada war doch, dass man so nah am Wasser sitzen und - teilweise auch wirklich gut - speisen konnte.

Alles anders, aber auch schön

Doch was soll die Nostalgie? Jetzt ist eben alles anders. Und es ist ja auch schön geworden. Statt kaputten Asphalts ziert nun eine gepflegte Pflasterung den Boden des Paseo Marítimo. Die brüchigen, von den Gezeiten gezeichneten Mäuerchen sind durch stabile und hübsche Natursteinumfriedungen ersetzt worden. Und Angst zu haben, dass beim nächsten Unwetter alles unterspült wird und zusammenbricht, muss man auch nicht mehr - die Befestigung unter der Promenade wurde von Grund auf erneuert und dürfte die nächsten Jahrzehnte ihren Dienst tun.

Fazit: Ist alles glatt gelaufen? Nein. Hätte viel Stress durch bessere Koordination der Bauarbeiten verhindert werden können? Bestimmt. Doch jetzt ist es Zeit, nach vorne zu blicken - am besten direkt aufs Meer. Sich eines der vielen gemütlichen Plätzchen zu suchen, die der neue Paseo zu bieten hat - egal, ob auf einer Lokalterrasse oder auf der öffentlichen Mauer - und durchzuatmen. Die Meeresbrise einzuatmen, ganz ohne Baustaub in die Lunge zu bekommen. Das wurde aber auch Zeit!