Mein Sitznachbar im Zug telefoniert mit jemandem, dem er sagt, dass es ihm gelungen ist, ein Zimmer in seiner Wohnung zu vermieten, um die Hypothek besser abzahlen zu können. Auf eine Frage seines Gesprächspartners antwortet er mit gesenkter Stimme: „An einen Polizisten.“ Ich spüre, dass der andere Mann schockiert ist, denn mein Sitznachbar fügt sofort in entschuldigendem Tonfall hinzu: „Ich habe erst erfahren, dass er Polizist ist, nachdem ich zugesagt hatte.“

Als er meine Neugier bemerkt, stellt er sich in den Gang. Ich stelle mir die Situation vor: Der Wohnungsbesitzer hat ein Verbrechen begangen. Vielleicht ist er die Leiche noch nicht losgeworden. Vielleicht liegt sie in Plastik eingewickelt unter dem Bett, damit sie nicht verwest. Dennoch ist es riskant, einen Polizisten ins Haus zu holen, der in der Küche oder im Bad Spuren des Verbrechens finden könnte. In den nächsten Wochen wird das Zusammenleben stressig sein. Ich stelle mir vor, dass der Polizist und der Vermieter zusammen fernsehen. Jedes Mal, wenn die Nachricht von einer vermissten Person in den Nachrichten kommt, wird der Vermieter blass. „Stimmt etwas nicht?“, wird der Beamte fragen.

„Nein, nein, ich bin nur entsetzt über die Nachricht.“

Idiot, das hättest du nicht sagen sollen, werfe ich ihm in Gedanken vor. Wenn du entsetzt bist, dann deshalb, weil du mit dem Verschwinden zu tun hast. Du solltest die Leiche so schnell wie möglich wegschaffen, zum Beispiel in einen alten Teppich eingewickelt. Du könntest dem Polizisten, wenn er dich gehen sieht, sagen, dass du den Teppich entsorgen willst.

Plötzlich wird mir klar, dass ich Partei für den Mörder ergriffen habe, wie wenn ich einen Kriminalroman lese. Da sehe ich einen Zivilbeamten auf mich zukommen und fühle mich verdächtig. Zum Glück geht er vorbei. Wieder einmal ist es mir gelungen, nicht erwischt zu werden.