Meinung | DER INSELDUDEN

Mehr Geld als Haare auf dem Kopf

MZ-Kolumnist Jan Lammers setzt sich in dieser Woche mit Haaren auseinander

Giorgia Meloni, Ministerpräsidentin von Italien, fasst sich während ihrer Pressekonferenz zum Jahresende in die Haare.

Giorgia Meloni, Ministerpräsidentin von Italien, fasst sich während ihrer Pressekonferenz zum Jahresende in die Haare. / Foto: Alessandra Tarantino/AP/dpa

Haare, beim Menschen und Säugetieren auf der Haut wachsendes fadenförmiges Gebilde aus Hornsubstanz

Blonde Menschen besitzen feinere, dafür aber mit 150.000 Haaren die meisten Kopfhaare. Schwarzhaarige und Brünette müssen sich mit rund 100.000, Rothaarige sogar mit lediglich 90.000 Haaren begnügen. Unsere Mähne wächst täglich um etwa 0,3 Millimeter, das macht im Monat circa einen Zentimeter; gleichzeitig verliert ein gesunder Mensch täglich 60 bis 100 Haare. Für das Ergrauen gibt es auf mallorquí zwei hauptsächliche Gründe: „Hirngespinste und Betrogen-Werden führen zu weißen Haaren“ (Quimeres i desenganys, fan tornar es cabells blancs) – die wissenschaftliche Erklärung ist der Mangel an Melanin.

Ein Haar in der Luft zerteilen

Auch wenn eine zynisch angehauchte Redewendung, deren Ursprung unbekannt ist, „graue Haare als Kirchhofsblumen“ definiert, werden sie je nach Kontext meist als Zeichen von Altersweisheit gedeutet: „Der Geist der grauen Haare spricht aus dir“ – wie niemand Geringerer als Friedrich Schiller schrieb –, man möchte vermuten, wohl erst in gehobenem Alter. Eine außerordentlich begabte Person wird mit dem Attribut versehen, „ein Haar in der Luft teilen zu können“ (Xapar un cabell a l’aire), während ein begüterter Mensch auf Mallorquinisch mit einem kuriosen, augenzwinkernden Vergleich definiert wird und „mehr Geld als Haare auf dem Kopf besitzt“ (Tenir més doblers que cabells an es cap).

Einer der vielen Aberglauben aus alten Zeiten beschwor den Grund für ein ganz bestimmtes Unwohlbefinden der werdenden Mutter: „Eine Kreatur mit vielen Haaren sorgt für säuerliches Aufstoßen bei der Schwangeren“ (Agrures de prenyada, criatura amb cabellada). Dass ein geschicktes Vorgehen stets mehr Aussichten auf Erfolg verspricht als rücksichtsloses Durchsetzen, ist unumstößlich, wie auch diese abschließende sudanesische Feststellung umschreibt: „Güte kann Haare aus des Löwen Schnurrbart ziehen.“