Schäumchen - Träumchen

Auf Mallorca wird nicht nur in den Bierhöllen von Arenal gerne gefeiert. Auch wo es etwas kultivierter zugeht, darf gerne mal fröhlich geprostet werden. Und sowohl zur Belebung nach dem Frühstück oder am frühen Abend kann ein kühles Gläschen schäumenden Weines die Stimmungslage einer munteren Gesellschaft außerordentlich befruchten. So gesehen ist nicht ganz erklärbar, warum dennoch nur relativ wenige Schaumweine auf der Insel hergestellt werden. Nachfrage wäre wohl vorhanden, würde man der Sache mit ein wenig Marketing auf die Sprünge helfen, oder?

Nur wenige Bodegas der Insel stellen Schaumweine her

Glücklicherweise müssen Freunde des espumoso nicht ganz auf die Träumchen mit Schäumchen verzichten. Miquel Gelabert, der Petit Celler oder Bodegas Ramanyà haben Schaumweine im Programm.

Der meistgetrunkene Schäumer der Insel stammt aber aus einer der traditionsreichsten und bekanntesten Bodegas. 1931 kam José L. Ferrer, gerade mal 28 Jahre alt, von Studien aus Frankreich zurück, wo er gesehen hatte, dass Wein mehr sein konnte als der damals in seiner Heimat übliche Jahrgangswein, der im Fass verkauft wurde. José Ferrer begann nach seiner Rückkehr, die besten Weine längere Zeit in Barriques zu lagern und auch reifefähige Weine herzustellen. Um 1980, als der mallorquinische Weinbau fast verschwunden war, war Ferrer die einzige "richtige" Bodega, mit eigenen Weinbergen, einer Kellerei mit großen Holzfässern, anerkannten Weinmarken und Reservas in Stil der berühmten Riojas. 

José L. Ferrer ist eine der traditionsreichsten Bodegas Mallorcas

Wer heute die gerne besuchte Bodega mit ihrem schmucken Verkostungs- und Verkaufsraum betritt, findet ein modernes, mittelgroßes Unternehmen vor, das mit der Zeit gegangen ist, ohne die Tradition über Bord zu werfen. Die Geschichte ist beim Besuch immer präsent. So kann beispielsweise nur Ferrer einen "cementerio", eine Sammlung alter Jahrgänge zeigen, die bis ins Jahr 1932 zurückgeht. 

Zur Bodega gehören 120 Hektar ökozertifizierte Weinberge. Nicht immer gelingt der Schwenk von der Tradition zu neuen Anforderungen so gut wie hier. Einerseits ist der rote, 12 Monate in Eiche gereifte Crianza mit reifen Fruchtaromen und etwas Lakritze im Duft seit Jahrzehnten eine Referenz für nicht allzu teuren mallorquinischen Roten. Andererseits zeigt die Linie Veritas, dass sich die Auslagerung der Spitzenweine in eine eigene Kellerei gelohnt hat. Zur Veritas-Linie gehört auch der “brut“, ein 36 Monate auf der Hefe gelagerter, ausgezeichneter Schaumwein mit feinem Kräuter- und Limonenduft, der vor allem aus der mallorquinischen weißen Sorte Premsal Blanc hergestellt wird. Lebendig, frisch und unbeschwert ist er genau richtig für sommerliche Tage.

Jürgen Mathäß, Fachjournalist und Spanien-Experte, ist Autor des Buches „Mallorca & Wein“

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