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Meinung | Der normale Wahnsinn

Welcome to Miami – so verändert sich die Playa de Palma

MZ-Kolumnist Ingo Wohlfeil über die Entwicklungen der Party-Szene auf Mallorca

Der Amok Club entwickelt sich zu einer der beliebtesten Diskotheken in  Palma.

Der Amok Club entwickelt sich zu einer der beliebtesten Diskotheken in Palma. / Patrick Schirmer Sastre

Ein Mittwochabend in der Nähe des Gewerbegebietes Son Oms. Dutzende, wahrlich gut gekleidete Menschen warten auf Einlass in den vielleicht derzeit angesagtesten Club der Insel: das „Amok“. Da stehen Spanier, Deutsche, Engländer, Franzosen und Italiener am Counter. Sogar US-Amerikaner haben den Weg in diese an sich trostlose Gegend gefunden, um Party zu machen. Sie erwartet ein Amphitheater-Ambiente mit einem Fassungsvermögen von knapp 2.000 Personen. 20 Euro beträgt der Eintritt. Gezahlt wird ohne Murren. Gerade mal 15 Monate ist es her, dass das Amok eröffnet wurde. Schwierige Lage, wird nichts, meinten viele Kundige der Partyszene. Doch sie haben sich getäuscht. Einer der Gründe dürfte im brachliegenden Nachtleben der Hauptstadt liegen. Fast alle renommierten Clubs sind mittlerweile geschlossen. Social Club, Pacha, Garito und das Titos existieren nicht mehr. Zwar gibt es noch ab und an Partys im Titos Nachfolger Lío. Diese richten sich dann aber eher an ein gehobenes Publikum. Wo also hin, wenn nicht ins BCM in Magaluf? International bekannte DJs legen mittlerweile nicht mehr nur dort auf, sondern eben auch im Amok. Die Vision der Clubmacher geht noch weiter. Eine Pool- und Oasenlandschaft soll rund um das ehemalige Theater entstehen, sodass es zukünftig schon ab mittags losgehen kann. Alles eine Frage der Zeit, der Lizenzen und Genehmigungen.

Die Playa de Palma als das neue Las Vegas der Balearen

Der Polizei ist das alles nicht unverborgen geblieben, was da seit Neuestem im Osten Palmas passiert. Sie kontrolliert am Kreisverkehr Son Oms - mit Maschinenpistole im Anschlag und Nagelsperren auf dem Asphalt. Aber abgeschreckt wird dadurch niemand. Gegen Mitternacht ist das Amok voll. Schon vor 15 Jahren war an der Playa zu hören, dass der Strandabschnitt plus Peripherie eine Art Miami, Ibiza oder Las Vegas werden solle. In diesem Jahr ist man diesem Wunsch schon wieder ein Stückchen nähergekommen, allerdings nach wie vor mit dem Schwerpunkt deutsche Musik. Der Bierkönig investierte Millionen für die Umgestaltung eines Teilbereiches. Konzertsaal statt Trinkhalle. Jetzt singt dort Heino Volkslieder, Sido rappt von seinem Block, in dem er aufwuchs. Roland Kaiser wurde auch schon angefragt. Und um ein an sich stimmiges Bild zu schaffen, wird der Bierkönig am Ende der Saison die nächsten Sanierungsschritte einleiten. Der Biergarten und der sogenannte „alte Bereich“ werden ein neues Gesicht bekommen. Zumindest ist das der Plan. 

Auch der Megapark investierte Millionen zu Beginn der Saison. Dort stehen alle Zeichen auf Grün. Dutzende Palmen wurden in den Event-Palast integriert. Der VIP-Bereich wurde umgebaut, einst gesperrte Bereiche wurden wiedereröffnet, zumindest zu besonderen Anlässen. Der Megapark gleicht einem Jahrmarkt. Dauernd passiert etwas. Überall gibt es neue, überraschende Dinge zu sehen. Mia Julia und andere Künstler wurden von der Konkurrenz abgeworben. Mit Erfolg. In diesem Jahr feierte der Megapark seinen 25. Geburtstag, und so wie diese Maschinerie brummt, werden noch viele weitere Geburtstage hinzukommen.

Endlich weg vom Ballermann-Image

Mit dem Amok, Bierkönig und Megapark gibt es nun insgesamt drei Partytempel an der Playa, die wohl weltweit ihresgleichen suchen. Hinzukommen noch kleinere Locations wie „Hello – the Club“ oder das in die Jahre gekommene „Oberbayern“. Die Playa de Palma ist seit Ende der Corona-Pandemie eine Erlebniswelt geworden, in der Komasaufen mittlerweile als Schimpfwort gilt. Zu sehen gibt es weniger weiße Socken in Adiletten, stattdessen vermehrt weiße, gebügelte Hemden und Abendkleider. Der Stil, der so lange vermisst wurde, kehrt zurück. Und Mallorca kommt seinem Ziel langsam näher: Irgendwas anderes sein, nur nicht mehr der Ballermann.   

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