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Meinung | Mein Mallorandum

Mallorca-Urlaub endet in der Knastzelle

MZ-Kolumnist Mirko Perković erzählt von einer Engländerin, die auf der Insel entspannen will– doch dann wird ihr Mann verhaftet. Auf Mallorca greift ein strenges Gesetz.

Gewalt gegen die eigene Partnerin – auch auf Mallorca kommt das in vielen Haushalten vor.  | FOTO: SOMMER/DPA

Gewalt gegen die eigene Partnerin – auch auf Mallorca kommt das in vielen Haushalten vor. | FOTO: SOMMER/DPA / Foto: NELE BENDGENS

Die Sonne lugte um die Ecke, das Café an der Plaça Sa Bassa war rappelvoll. Stimmen schwappten durcheinander. Im 16. Jahrhundert stand hier ein Hüterkreuz, das Reisenden Schutz versprach – ein Wächter, längst verschwunden. Ich bestellte mir einen Cortado. Am Nebentisch zwei Engländerinnen, unüberhörbar. Die eine mit drei Kindern, die andere ohne.

Die Mama erzählte ihre Urlaubsgeschichte. Eigentlich Cala Millor, Pool, Strand. Doch statt Entspannung und mediterraner Leichtigkeit? Kam es zu einer Inhaftierung. Ab in die Arrestzelle bei der Guardia Civil. Für zwei Tage. Heute sollte ihr Mann dem Richter vorgeführt werden, sie ihn abholen dürfen. Dann, hoffte sie, sei der Spuk beendet.

Zero Toleranz für häusliche Gewalt auf der Insel

Was geschah? Ein Streit im Hotelzimmer. Heftig. Laut. Deutsche Nachbarn alarmierten die Polizei. Die Frau beteuerte: „We were just arguing (wir haben uns nur gestritten). In Spanien gilt ein rigides Gesetz: Frauen werden im Verdachtsfall häuslicher Gewalt kompromisslos geschützt.

Und dann war da noch dieser blaue Fleck. Am Vorabend war sie feiern gewesen. Irgendjemand hatte sie angerempelt, sie prallte gegen eine Bartheke. Ein Malheur, sagte sie. Aber für die Polizei ein Indiz. In Kombination mit dem Lärm im Hotel und der Anzeige der Nachbarn reichte es. Zack! Der Mann verschwand nicht zur nächsten Bucht, er wurde eingebuchtet.

Die Frau schluchzte: „Schrecklich!“ Die Freundin nickte, rezitierte einen Bibelvers. Den vom Hirten, der 99 Schafe zurücklässt, um das eine verlorene zu suchen. Weil es zählt. Mehr als die anderen zusammen. Die Kinder schienen von all dem unbeeindruckt. Urlauber ringsum bestellten frisch gepressten O-Saft, als wäre nichts geschehen.

Ich nahm einen Schluck, legte den Löffel ab und dachte: Manche suchen das verlorene Schaf. Andere nur den nächsten Sonnenschirm. Manchmal liegen Transzendenz und Trivialität näher beieinander, als man glaubt. Da ist es schön, wenn einer sucht, uns findet – und uns heimträgt, selbst dann, wenn wir längst nicht mehr an uns geglaubt haben.

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