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Meinung | Insel(t)räume

Sternschnuppen, Satelliten und ein Komet: Familiennacht am Leuchtturm

MZ-Kolumnistin Sophie Mono auf der Suche nach dem Kometen "Lemmon" - ein unvergesslicher Abend voller Neugier, Sternbilder und kindlicher Begeisterung

Der Kommet Lemmom über der Nachbarinsel Formentera.

Der Kommet Lemmom über der Nachbarinsel Formentera. / José Antonio Hervás

Samstagabend (25.10.), etwa 20.30 Uhr. Als wir beim Leuchtturm von Cala Ratjada aus dem Auto steigen, ist es endlich richtig dunkel. Ich, zwei kleine Kinder und eine geteilte Begeisterung, entfacht von einem MZ-Artikel. Wir wollen den Kometen “Lemmon”, von Wissenschaftlern auch C/2025 A6 genannt, erspähen. Laut den Informationen im Bericht – die selbstverständlich auf handfesten Quellen fußen – der hellste Komet des Jahres und „mit bloßem Auge unter ausreichend dunklem Himmel sichtbar“. Und die einmalige Chance im Leben, “Lemmon” zu sehen. Schließlich wird seine Rückkehr erst in über 1.000 Jahren erwartet. Na, wenn das kein Grund ist, aufgeregt zu sein. Zumindest für meinen sechsjährigen, weltraumbegeisterten Ältesten. Die freudige Erregung seines zweijährigen Bruders fällt wohl eher in die Kategorie “Mitläuferschaft”. Und meine Nervosität? Dürfte vor allem der Tatsache geschuldet sein, dass ich ziemliche Erwartungen geschürt habe, als ich den beiden Jungs das Spektakel ankündigte – und absolut keine Ahnung von Astronomie habe. Das habe ich schon vor einigen Wochen gemerkt, als ich vergeblich versuchte, mit dem Großen Sterne durch sein neues Kinderteleskop zu beobachten – und sehr schnell sehr frustriert aufgab, weil man irgendwie gar nichts richtig sehen konnte. Ich, Weltraum- und Technologie-Niete, jedenfalls nicht.

Sterne gucken ohne Teleskop

Nun sind wir also am Leuchtturm – dem besten Sternguckort in der Nähe, der mir auf Anhieb eingefallen war. Das Gute: Für Komet “Lemon” braucht man ja kein Teleskop. Für den Fall der Fälle habe ich ein normales Fernglas dabei. Ein Fernglas zum Sternegucken? Wie bescheuert! Besser, ich lasse es erstmal auf dem Beifahrersitz liegen. Ich habe ja meine bloßen Augen und die genaue Beschreibung von “Lemmons” aktuellem Standort. Nordwest-West, heißt es im Artikel. Uff, ähm … Gut, dass ich vorher eine Kompass-App aufs Handy geladen habe. OK. “Um ihn an Himmel zu erkennen, kann man sich an den Sternen orientieren, die den Schwanz des Großen Wagens bilden. Wenn man den gedachten Bogen dieser Sterne in Richtung westlichen Horizont verlängert, gelangt man zu Arktur – dem rötlich leuchtenden, hellsten Stern im Sternbild Bärenhüter (Bootes). Der Komet wird sich in der Nähe dieses Sterns befinden“, lese ich die Anweisungen meinen Jungs vor, die schnell hibbelig werden, wenn mein Smartphone mehr Aufmerksamkeit bekommt als sie. „Ich muss Pipi“, erklingt es neben mir aus der Dunkelheit. Gut. Schnell erledigt, zurück zur Standortbestimmung. Wie war das noch? Irgendwas mit einem Bären? Und wie heißt dieses Sternbild auf Englisch? Meine ebenfalls vorsorglich heruntergeladene Sternenkarten-App versteht doch nichts anderes.

Trotzdem viel gesehen

21.30 Uhr. Wir fahren zurück. Die kollektive Spannung ist Erschöpfung gewichen. Nein, wir haben “Lemmon” nicht gesehen. Und doch war unser Astronomie-Einstiegs-Ausflug keine volle Pleite. Der Kleine hat den Mond gesehen – und einen Kontrollturm – obwohl dieser verdächtig wie die Burg von Capdepera aussah. Der Große hat nicht erlöschende Sternschnuppen gesehen – wir haben uns letztlich darauf geeinigt, dass es wohl Satelliten gewesen sein müssen. Und ich? Ich habe eingesehen, dass mein astronomisches Wissen noch geringer ist, als ich vermutet hatte. Aber hey, den Großen Wagen, den habe ich entdeckt. Mit bloßem Auge, ohne Teleskop, Fernrohr oder Smartphone. Und wenn man es genau nimmt, haben wir alle drei “Lemmon” ja doch gesehen. Als eines der unzähligen Winz-Lichtpünktchen im All, irgendwo Nordwest-West.

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