Darf man von "Mautspechten" reden, wenn Bürger der beiden benachbarten Dörfer Sóller und Bunyola den Fall der Bezahlschranke feiern, die sie jahrzehnte lang trennte? Wenn die Hinweisschilder für die Mautstelle triumphierend abmontiert und als Trophäen in die Höhe gehalten werden? Der Vergleich ist wohl zu gewagt. Und doch erinnern die Bilder der ausgelassen Feiernden an historische Ereignisse aus anderen Ländern.

Seit der Nacht auf Freitag (29.12.) ist es offiziell: Der Auto-Tunnel auf der Landstraße zwischen Palma und Sóller ist kostenlos. Die Konzession an die Betreiberfirma Globalvía, die zuletzte 5 Euro pro Durchfahrt verlangt hatte, wurde vom Inselrat Mallorca frühzeitig beendet und die entsprechende Entschädigung aus öffentlichen Geldern finanziert.

Anwohner des am Tunnel gelegenen Dorfes Bunyola hatten jahrzehntelang für diesen Moment gekämpft. Am Donnerstagabend trafen sie sich um 18 Uhr auf dem Dorfplatz, um gemeinsam zum Tunnel zu gehen und den eigentlich für Mitternacht angekündigten historischen Moment zusammen mit angereisten Politikern zu feiern. Inselratspräsident Miquel Ensenyat und sogar die Ministerpräsidentin der Balearen, Francina Armengol, erwarteten die späte Stunde bei einem Abendessen in einem nahegelegenen Restaurant.

Dass ihnen die Betreiberfirma einen Streich spielen wollte und die Schranken schon am Nachmittag öffnete, um ihnen das historische Foto zu vermasseln, störte dabei wenig. Die Angereisten Volksvertreter drehten eine Gratis-Runde mit dem Bus. Ebenfalls anwesende Vertreter der Nachbarschaftsvereinigung von Bunyola konnten es sich nicht verkneifen, den kostenlos vorbeifahrenden Autos zuzujubeln.

Ensenyat betonte in seiner Ansprache, dass es sich um einen "historischen Tag" handelte. "20 Jahre lang war Sóller das einzige Dorf der Balearen, für das man bei der Ein- und Ausfahrt eine Maut zahlen musste, war für sie einen großen Nachteil bedeutete. Heute haben wir erreicht, was unmöglich erschien." Mit dem Einlösen des Wahlverschrechens habe man gezeigt, dass man für die ganze Insel regiere. Auch Armengol wollte ihre Freude nicht verbergen: "Heute fällt die teuerste Maut von Spanien", triumphierte sie.

Früher als erwartet

Der historische Moment hatte sich eigentlich schon ein paar Stunden früher ereignet, bevor die Politiker eintrafen, um ihn zu feiern. Es war 14.30 Uhr am frühen Donnerstagnachmittag (28.12.) als die Mitarbeiter der Mautstation plötzlich ihre Arbeit niederlegten und die ersten Fahrzeuge gratis durch den Tunnel auf der Strecke Palma-Sóller fahren ließen. Wenige Stunden zuvor hatten Vertreter des Inselrats die Übernahme unterzeichnet. Die feierliche Abschaffung des Wegzolls, der den Sóller-Tunnel zu einem der teuersten Spaniens machte, war aber für die Nacht geplant.

Dass die Betreiberfirma Globalvia dem Event einen Strich durch die Rechnung machen würde, war nicht zu erwarten gewesen. Umso mehr freuten sich die Autofahrer, dass sie die rund 5 Euro pro Strecke schon am Nachmittag sparen konnten.

Hintergrund: Schranke weg, Sóller voll?

Globalvia schiebt praktische Gründe für die vorzeitige Öffnung der Schranken vor: Eine Abschaffung der Maut um Mitternacht sei aus Verwaltungssicht ungünstig, da einige Fahrer die Hin- und Rückfahrt zusammen buchten und eine Erstattung - die allen zusteht, die nach 0 Uhr fahren - zusätzlichen Aufwand bedeute.

Hintergrund: Woher rühren die Auseinandersetzungen zwischen Inselrat und Globalvia?