Es war ein Erlebnis am Flughafen von Hannover, das Stefan Pape dazu brachte, sich erstmals mit Reiserecht zu befassen. Der Anwalt aus der Nähe von Osnabrück saß mit seiner Familie im Terminal und wartete auf den Flieger nach Mallorca. Fünf Stunden Verspätung hieß es zunächst, dann drohte gar die komplette Annullierung, bevor es schließlich doch noch in Richtung Palma ging. Pape nahm sich vor, sich das juristisch einmal genauer anzuschauen.

Bis aus diesem Ärger das Fluggasthelfer-Portal reiserecht.com wurde, strichen noch Jahre ins Land. „Das Problem war, dass ich als Anwalt keine Prozesse vor Gericht anstrengen darf und beispielsweise auch aufgrund der Berufsordnung nicht auf Provi­sionsbasis arbeiten darf", erklärt Pape im Gespräch mit der MZ. Deshalb musste er einen Umweg gehen und das Portal, einen sogenannten Rechtsdienstleister, gründen.

Am 1. Juli 2020 ist die Seite online gegangen, mitten in der Pandemie und in einer ohnehin umkämpften Konkurrenzsituation, denn in den vergangenen Jahren sind zahlreiche ähnliche Plattformen wie Flightright, Flugrecht, Airhelp oder Euclaim entstanden. „Wenn wir vor zwei Jahren gewusst hätten, dass wir während einer Pandemie starten, hätten wir das anders geplant, aber wir konnten den Start jetzt nicht mehr stoppen", so Pape. Der „klassische Flugzeugverspätungsmarkt" sei in diesem Jahr komplett weggebrochen, dafür gebe es zu wenig Verkehr.

Zwar wurden während der Lockdowns ungezählte Flüge storniert, aber die EU gab den Airlines die Möglichkeit, dass sie die Kunden zwischen der Rückerstattung des Geldes und einem Gutschein wählen lassen durften. Viele entschieden sich für den Gutschein.

Diejenigen, die ihr Geld zurückwollten, mussten mitunter Monate warten. Entschädigungen gab es für diese Flüge nicht - bei den meisten aus zwei Gründen. „Wenn eine Airline mehr als 14 Tage vorher den Flug annulliert, besteht grundsätzlich kein Anrecht auf Entschädigung", sagt Pape. Und genauso wenig, wenn außergewöhnliche Umstände herrschen, auf die die Fluggesellschaft keinen Einfluss hat - so wie speziell im April, als strenge Reisebeschränkungen galten. Diese Umstände können die Airlines nach Ansicht von Pape inzwischen nicht mehr geltend machen. Trotzdem würden vor allem aus wirtschaftlichen Gründen derzeit Flüge kurzfristig zusammengelegt. Dafür gebe es eine Entschädigung.

Die Bezahlung bei ReiseRecht funktioniere anders als bei den meisten anderen Plattformen, die allesamt mit Provisionen arbeiten. Üblicherweise behalten diese Portale zwischen 25 und 40 Prozent des Streitwerts ein, wenn die Klage erfolgreich war. Pape richtet sich bei seinen Tarifen nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, was er zwar nicht müsste, aber dadurch verspricht er sich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Konkurrenz-Anbietern. Auch die Anwaltsgebühren sind gestaffelt, bewegen sich aber langsamer nach oben. Wenn einem Pärchen beispielsweise eine Entschädigung von 500 Euro zusteht, weil ihr Kurzstreckenflug mehr als drei Stunden Verspätung hat, werden 81,43 Euro an Gebühren fällig, also weniger als 20 Prozent. Je höher die zu erwartende Entschädigung, desto geringer der prozentuale Anteil dessen, was der Kunde an ReiseRecht zahlen muss.

Geht der Prozess verloren, fallen für die Kunden keine Gebühren an, ebenso wie bei den anderen Anbietern, die allesamt auf Erfolgsbasis arbeiten. „In 90 Prozent der Fälle", so Pape, komme es gar nicht zum Prozess, da die Fluggesellschaften vorher einlenken. „Die Beweislage ist dank der Daten, die heute überall abrufbar sind, so eindeutig, dass die Fluggesellschaft im Grunde keine Chance hat, den Prozess zu gewinnen." Trotzdem gebe es Airlines, wie etwa Ryanair oder Eurowings, die es durchgehend auf einen Weg vor Gericht ankommen lassen. „Das soll wohl die Leute abschrecken. Lufthansa beispielsweise zahlt viel bereitwilliger die Entschädigung bereits vor der Klage."

Deutlich schwieriger sei die Lage, wenn Kunden über ein Vermittlungsportal, wie etwa fluege.de, gebucht hätten. Im Falle einer möglichen Entschädigung spielten sich der Vermittler und die Airline häufig den Ball immer hin und her, der Kunde schaue in die Röhre.

Für sein Portal arbeitet Pape mit zahlreichen Anwälten in ganz Deutschland zusammen, die die Ansprüche der Mandanten vor Gericht durchsetzen. Der nächste Schritt ist nun, auf Mallorca Fuß zu fassen. Dort befindet sich Pape gerade in konkreten Gesprächen mit zwei Anwälten, um hier lebenden Residenten oder Urlaubern auch eine Beratung vor Ort zu ermöglichen. Und eine Verbindung zu Mallorca besteht ohnehin schon: Der IT-Spezialist der Plattform, Sven Slezak, lebt in Alaró.