An Angeboten besteht kein Mangel: Wer gerade ein Mietauto für einen Mallorca-Urlaub etwa im Mai sucht, der bekommt zum Beispiel auf dem Portal billiger-mietwagen.de für die Zeit vom 14. bis 21. Mai 1.185 Angebote angezeigt. Der Kunde muss sich lediglich überlegen, ob es ein kleiner Wagen - den es schon ab 7,09 Euro am Tag gibt - oder ein größerer sein soll.

Im Vergleich dazu haben es die Autovermieter auf der Insel in diesem Jahr ungleich schwerer. Sie müssen derzeit ihre Saisonplanung vornehmen, ohne dass sie auch nur annähernd eine Vorstellung davon haben, wie viele Urlauber in diesem Jahr nach Mallorca kommen werden - geschweige denn, wann die Saison überhaupt starten kann.

„Wir müssen auf jeden Fall verhindern, dass es uns wie im vergangenen Jahr ergeht", mahnt Ramón Reus, der Sprecher der kleinen und mittleren Autovermieter auf den Balearen. 2020 hätten die Mietwagenanbieter vor dem Beginn der Pandemie bereits etwa 50.000 Autos gekauft, von denen fast alle ab März wieder storniert werden mussten. „Das war zum Glück noch möglich, weil es vor Beginn der Saison war und die Autos noch nicht angekommen waren", erklärt Reus.

Doch als sich dann abzeichnete, dass die Saison im Juni doch anlaufen könnte, bestellten viele der Anbieter Hals über Kopf Tausende Autos. Diese standen dann aber ab Mitte August wieder auf dem Hof, als die Reisewarnungen der Hauptsaison ein abruptes Ende bereiteten. „Das war für viele ein großer finanzieller Schaden, weil sie die Autos monatelang, teilweise bis heute, geparkt haben." Und geparkte Autos verlieren nun mal Tag für Tag an Wert.

Schwacher Trost: Der finanzielle Nachteil könnte dieses Jahr zu einem logistischen Vorteil werden. Denn die meisten Firmen, zumindest im Bereich der kleineren Unternehmen, haben aufgrund der unsicheren Lage überhaupt keine Autos bestellt, berichtet Reus. Das Problem sei, dass eine Lieferung in normalen Jahren vom Moment der Bestellung bis zur Übergabe etwa drei Monate benötigt, wenn man die normalen Lieferketten berücksichtigt.

Diesmal dürfte diese Wartezeit nicht ganz so lang ausfallen, weil bei den Herstellern deutlich weniger Autos bestellt werden. „Fast alle warten bis zum letzten Moment, den dir die Hersteller lassen", meint deshalb Antoni Masferrer, Präsident der großen Vermieter. Er hofft auf einen Saisonstart im Juni. Aber selbst dann müssten die Vermieter in den kommenden Tagen und Wochen bestellen, wenn sie nicht leer ausgehen wollen.

Autos für 3 Euro sind passé

In dieser Hinsicht haben es die großen Vermieter schwieriger. Denn sie ordern angesichts der hohen Stückzahlen ihre Autos häufig direkt beim Hersteller. Die kleineren Vermieter bestellen eher bei den Autohäusern vor Ort und können Lieferengpässe der Hersteller dadurch auffangen, dass sie Autos kaufen, die die Geschäfte noch auf Lager haben. So erklärt sich die abwartende Haltung bei den kleineren Firmen. Aber auch die großen geben sich zurückhaltend. Masferrer: „Wo ein Unternehmen im vergangenen Jahr 100 Autos bestellt hat, sind es dieses Jahr 40 oder 50."

Die geringere Zahl an Bestellungen könnte Auswirkungen auf die Versorgung der Insel mit Mietwagen in diesem Sommer haben. Dass es zu dramatischen Engpässen bei Mietwagen auf Mallorca im Sommer kommt, ähnlich wie bereits im Jahr 2009, das glaubt ­Frieder Bechtel von billiger-mietwagen.de nicht, auch wenn die Fahrzeuganzahl „definitiv gesunken" sei.

Die Anbieter auf Mallorca befürchten, dass zumindest zeit- und ortsweise Autos fehlen könnten. „Wir arbeiten sehr viel mit Reiseveranstaltern, die ihre bestellten Autos auf jeden Fall bekommen. Aber es kann sein, dass an einem ausgewählten Standort an einem Tag mit viel Laufkundschaft die Autos mal ausgebucht sind", prophezeit Reus.

Weniger Angebot könnte in der Folge für steigende Preise sorgen. Um 20 bis 30 Prozent hätten die Tarife bereits angezogen, sagt ­Frieder Bechtel. „Im Mai 2019 gab es teilweise ja noch Autos für unter einen Euro am Tag. Zumindest in Spanien ist das gegenseitige Unterbieten der Firmen bisher ausgeblieben." Auch Ramón Reus prognostiziert, dass die Urlauber mit höheren Ausgaben rechnen müssen.

„Autos für 3 Euro am Tag wird es dieses Jahr nicht geben, aber zumindest ich versuche in meinem Unternehmen, die Preise aus den Vorjahren beizubehalten." Abzuwarten bleibt, wie die Anbieter auf die dramatischen Umsatzeinbußen im vergangenen Jahr reagieren. Die ­Vermutung liegt nahe, dass einzelne Firmen versuchen könnten, über das beliebte Werkzeug der Zusatzversicherungen mehr Geld einzunehmen. Speziell Billiganbieter wie Goldcar oder auch Record go waren hierfür in den vergangenen Jahren berüchtigt.

Hoffen auf die Politik

Die finanzielle Situation vieler Unternehmen ist angeschlagen. Selbst die Großen des Marktes, wie etwa Europcar oder Hertz, sind in Schieflage geraten. So musste etwa Hertz einen beträchtlichen Teil der Autos seines weltweiten Fuhrparks verkaufen, um Liquidität zu behalten. Auf Mallorca gab es für die betroffenen ­Unternehmen so gut wie keine Hilfen, weil sie ihre Aktivität bis auf drei Monate im vergangenen Frühjahr nicht einstellen mussten. Lediglich die Mitarbeiter konnten sie in ­Kurzarbeit (ERTE) schicken. Derzeit, so berichtet Ramón Reus, befindet sich die Branche in Verhandlungen mit der Balearen-Regierung. Von der Politik sei ihm signalisiert worden, dass man sich Hoffnung auf eine Finanzspritze aus dem 11-Milliar­den-Euro-Hilfspaket für den Tourismus in Spanien von Ministerpräsident Pedro Sánchez machen darf.

Wichtiger als Finanzhilfen wäre aber für alle Beteiligten eine einigermaßen zufriedenstellende Saison 2021. Was die Buchungen ­betrifft, ist Frieder Bechtel vorsichtig optimistisch. „Obwohl es bisher noch keine Perspektive für die Deutschen gibt, wann sie wieder sicher verreisen können, verzeichnen wir ­bereits jetzt zwischen 10 und 20 Prozent der Buchungen aus dem Vorjahr um diese Zeit." ­Ramón Reus dagegen beklagt: „Wir haben ­keine 3 Prozent der Buchungen, die sonst zu diesem Zeitpunkt üblich wären. Die Urlauber warten ab, und das, obwohl wir sehr groß­zügige Storno-Bedingungen haben."

Und dabei tun die Anbieter vieles dafür, um die Ansteckungsgefahr gering zu halten. Laut Ramón Reus hat im Schnitt jeder An­bieter 2.500 Euro in jede seiner Filialen in­vestiert, um die Hygieneprotokolle mit mehr Reinigung und Desinfektion zu garantieren. Dazu sei die Anschaffung eines CO²-Apparats gekommen, den man in den Innenraum jedes zurückgegebenen Autos stellt. Der Apparat ist mit Desinfektionsflüssigkeit gefüllt und wird an Strom angeschlossen, wodurch die Flüssigkeit verdampft. Zwischen einer halben und drei Stunden wird das Auto dann eingenebelt und von möglichen Viren befreit.