Während Reiseanbieter, Airlines, Hotels und Restaurants mit besonderen Covid-Konditionen um die erst langsam wieder Vertrauen gewinnende Kundschaft buhlen, entwickelt sich eine Branche gerade in eine ganz andere Richtung. Die Preise für Mietwagen auf Mallorca schießen in die Höhe. Mehr als 900 Euro pro Woche für einen versicherten Kleinwagen sind gerade normal, bestätigen verärgerte Kunden und achselzuckende Anbieter. Lieferengpässe, verhaltene Bestellungen bei den Mietwagenfirmen und plötzlich hochschnellende Buchungszahlen sind der Grund, warum sich das wahrscheinlich nicht so schnell ändern wird. Am Ende werden wohl einige Urlauber auf einen Wagen verzichten müssen.

Beschwerden der Kunden

Die Wut der Urlauber ist abzulesen an den vielen erzürnten Leserzuschriften, die in den vergangenen Tagen zum Thema Mietwagen bei der MZ eingingen. Gerade langjährige Mallorca-Fans, die endlich wieder auf die Insel kommen wollen, sind geschockt: „Einen Fiat 500 konnte man am 2. Mai noch für 370 Euro für zwei Wochen buchen. Heute liegt der Preis bei 990 Euro! Normal habe ich um diese Zeit maximal 250 Euro bezahlt", schreibt eine Leserin. Und wenige Stunden dürfte der Preis weiter gestiegen sein. Auch ein MZ-Check ergab: Unter 100 Euro pro Tag sind zum Beispiel über die Pfingstwoche kaum Wagen mit vernünftigen Konditionen zu finden.

Da die Branche häufiger wegen schwarzer Schafe in die Schlagzeilen gerät, ist es nicht überraschend, dass die Kunden gegenüber der MZ über „Wucherpreise" oder „Abzocke" schimpfen und den Vermietern dabei böse Absichten unterstellen. Ein Gastronom aus Portals Nous wettert: „100 Euro pro Tag für eine kleine Möhre! Ich habe Verständnis für die Verleiher, die wie wir gelitten haben unter der Pandemie. Das jetzt jedoch mit einem Riesenschluck aus der Pulle wieder reinzuholen, kann nicht im Sinne des Tourismus sein. Sollen wir jetzt 100 Euro für ein Steak nehmen?"

Zu wenig Mietfahrzeuge

Doch der sprunghafte Preisanstieg lässt sich nicht einfach mit der vermeintlichen Unternehmer-Raffgier erklären. Aus mehreren Gründen gibt es im Jahr 2021 schlicht viel weniger Autos auf Mallorca als sonst. Kommen die Touristen nun in mit Vor-Corona-Jahren vergleichbaren Scharen, übersteigt die Nachfrage das Angebot um ein Vielfaches, sind sich die Branchenvertreter einig.

„Stellen Sie sich vor, sie hätten im Februar entscheiden müssen, wie viele Autos sie für den Sommer bestellen. Hätten Sie da viele oder wenige bestellt?", fragt Antonio Masferrer, ­Vorsitzender des Verbands Baleval, in dem vor allem die großen Autovermieter organisiert sind. „Viele dachten im Februar, dass es keine oder nur eine sehr schlechte Saison geben ­würde und bestellten entsprechend wenige Autos", fügt er hinzu. „Angebot und Nachfrage, das ist einfach. Zu Weihnachten wundert sich auch keiner, warum das Kilo Garnelen 90 Euro statt 30 Euro kostet."

Im Ton weniger schnippisch, im Inhalt aber identisch, setzt Ramón Reus die Argumenta­tion fort. Er repräsentiert die kleineren Autovermieter vom Verband Aevab. „Die ­Saison geht los. Alle wollen reisen. Aber es gibt zu ­wenige Wagen. Anbieter, die sonst 200 Autos ­bestellt haben, haben dieses Jahr vielleicht 100 bestellt. Und wer sonst 5.000 geordert hat, orderte in diesem Jahr vielleicht 1.000."

Hinzu komme, dass viele Autofabriken aufgrund mangelnder Mikrochips die Bestellungen gar nicht liefern können, ergänzt Frieder Bechtel von billiger-mietwagen.de. Darüber hinaus knauserten die Hersteller bei den Bezahlfristen, und viele Verleiher verfügten nicht über das übliche Budget. Zurzeit liegen die Mietwagenpreise laut Bechtel etwa auf dem Niveau der Mietwagenkrise von 2009. Und vor „Juli, August oder September" erwarte er wenig Entspannung. „Ich kann nur empfehlen, frühzeitig zu buchen", so Bechtel. /tg

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