Am Mittwoch (26.5.) ist das Monopol der Reederei Baleària auf der Verbindung zwischen Alcúdia auf Mallorca und Ciutadella auf Menorca zu Ende gegangen. Mit dem Ablegen der Fähre "Tarif Jet" der deutschen Reederei FRS hat Baleària nun Konkurrenz auf der Strecke. Das Schiff legte um 9.30 Uhr zu seiner ersten Überfahrt in Alcúdia ab und erreichte Ciutadella um 10.45 Uhr. An beiden Orten gab es kurze Feierlichkeiten mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft. FRS verkehrt ab sofort auf der Strecke zunächst zweimal am Tag - um 9.30 Uhr und 19 Uhr. Die Rückfahrten von Ciutadella finden um 12 Uhr und um 21 Uhr statt.

Angesichts der neuen Konkurrenz kam Baleària der Pressetermin am Mittwoch (12.5.) gerade recht. Mit großem Bahnhof feierte das Unternehmen mit Sitz in Dènia auf dem spanischen Festland feierlich den jüngsten Neuzugang der Flotte: die Eleanor Roosevelt, die künftig zwischen Dènia, Ibiza und Palma de Mallorca verkehrt. Sie ist die erste Schnellfähre, die mit Flüssiggas angetrieben wird. Erleichterung für die geschundene Seele von Baleària nach 15 Monaten der Pandemie und Einbußen von rund 25 Prozent im vergangenen Jahr für das Unternehmen. Dennoch habe man weiter investiert, erklärte der Präsident von Baleària, Adolfo Utor, bei der Feierstunde an Bord der neuen Fähre, die 30 Prozent weniger CO2 ausstößt. 90 Millionen Euro hat sich das Unternehmen das Schiff kosten lassen, das bis zu 1.200 Passagiere und 450 Fahrzeuge transportieren kann.

Eine Investition, die erst einmal wieder hereingefahren sein will - was in den kommenden Monaten und Jahren schwieriger als bisher werden dürfte. Der Grund: Aus den beiden Konkurrenten - Baleària und Trasmediterránea, die sich den Markt in den vergangenen Jahren seit der Pleite des Anbieters Iscomar im Jahr 2009 aufgeteilt haben -, werden nun nämlich vier. Wobei ja auch noch Corsica Ferries zwischen Alcúdia, Ciutadella und dem französischen Toulon verkehrt. Neu auf den Markt drängen die Grimaldi Group und GNV aus Italien sowie die deutsche FRS. Grimaldi hat die Infrastruktur der Reederei Armas gekauft, zu der die Tochterfirma Trasmediterránea gehört. Grimaldi übernimmt somit die fünf weiß-roten Fähren, behält aber den Namen Trasmediterránea sowie die Lackierung bei. Trasmediterránea fällt also als Wettbewerber weg.

Neben FRS - was für Förde Reederei Seetouristik steht - drängt also auch die italienische GNV auf den Markt. GNV steht für Grandi Navi Veloci, also große schnelle Schiffe. Das Unternehmen ist eine Tochter von MSC, deren Kreuzfahrtsparte ebenfalls im Mittelmeer aktiv ist, und will im Juli loslegen. Dann bietet die Reederei Verbindungen zwischen Palma und Barcelona sowie Palma und Valencia an, einige mit Zwischenstopp auf Ibiza. Zwischen den einzelnen balearischen Inseln will GNV jedoch zunächst nicht verkehren. Auf der Website gnv.it sind die Überfahrten ab dem 7. Juli bereits buchbar.

FRS liegt mit seiner ersten Fahrt nun genau im Zeitplan. Mitte Mai hatte Managing Director Ronny Moriana der MZ einen Starttermin Ende Mai in Aussicht gestellt. Der genaue Zeitpunkt war zu diesem Moment noch nicht klar. Geplant sind in Zukunft gar bis zu drei Verbindungen täglich zwischen Alcúdia und Ciutadella. Für FRS, dessen Hauptsitz sich in Flensburg befindet, ist Spanien kein Neuland. Die Reederei operiert bereits mit zahlreichen Verbindungen von Südspanien aus in Richtung Marokko und die Kanaren.

Dass gerade jetzt in Zeiten von Corona die Wettbewerbssituation auf den Inseln deutlich umkämpfter wird, scheint kein Zufall zu sein. Viele Unternehmen suchten derzeit händeringend nach Möglichkeiten, wieder Geld zu verdienen, erklärt die Marketing-Zuständige für den Fährverkehr im Seehafen Kiel, Martina Dahm, der MZ. „Lange Zeit war der Schiffsverkehr während der Pandemie unterbrochen oder ausgedünnt. Jetzt geht es wieder los, und gerade wenn es um attraktive Strecken geht, versucht der ein oder andere jetzt, ein Stück vom Kuchen abzubekommen."

Ronny Moriana spricht vom idealen Moment für den Markteintritt von FRS. Zum einen habe es plötzlich Kapazitäten in den Häfen gegeben, weil die angestammten Anbieter ihre Frequenzen aufgrund der Pandemie heruntergeschraubt hatten. Zum anderen glaubt der Manager an eine goldene Zukunft für die Inseln: „Wir wissen ja, dass es einen Nachfragestau in Bezug auf Reisen gibt. Ich rechne damit, dass das Interesse an Urlaub auf den Balearen explodieren wird, sobald die Pandemie noch ein bisschen weiter abflaut." Deshalb plant die Reederei ein langfristiges Engagement auf den Balearen. Gegenüber der Hafenbehörde hat sich das Unternehmen für zwölf Monate verpflichtet, doch daraus soll ein deutlich längerer Zeitraum werden. Bereits seit einigen Jahren habe man auf die balearischen Inseln geschielt, erklärt Moriana. Allerdings sei eine Expansion bisher nicht möglich gewesen, unter anderem auch, weil das Unternehmen nicht über die nötigen Schiffe verfügte.

Viel Papierkram müssen Reedereien, die in einen neuen Markt drängen, nicht bewältigen. Es gebe lediglich eine Benachrichtigungspflicht, erklärt Moriana. 15 Tage vor dem Start müsse der jeweilige Hafen sowie die zuständige Regierung von dem Markteintritt informiert werden. Sofern es Kapazitäten gibt, muss die zuständige Hafenbehörde das Prozedere möglich machen. „Wir sind verpflichtet, den Wettbewerb zu garantieren und so viele Anlegestellen und Abfahrtszeiten zur Verfügung zu stellen, wie beantragt werden und möglich sind", sagt der Sprecher der balearischen Hafenbehörde, Raimond Jaume. Die Behörde legt fest, wo die Schiffe anlegen, und stellt den Reedereien an Land Platz zur Verfügung, etwa für Ticketschalter. Wo genau sich die Schalter der neuen Reedereien FRS und GNV in den Häfen befinden werden, steht laut Jaume noch nicht fest.

Nach der Pandemie nehmen die Häfen die zusätzlichen Liegegebühren und andere Einnahmen durch die neuen Wettbewerber gerne mit. „Auch jeder Passagier, der über die Hafenkante geht, bringt dem Hafen Geld", sagt Fährexpertin Dahm.

Auf Mallorca erhofft man sich durch den zunehmenden Wettbewerb vor allem preiswertere Tickets. Der Generaldirektor für Häfen auf den Balearen, Xavier Ramis, spricht von einer „regelrechten Revolution", die Wettbewerbssituation „hat eine direkte Auswirkung auf die Preise". Und zwar nicht nur für Privatpersonen und Fahrzeuge, sondern auch für Waren, die per Lkw die Inseln erreichen, glaubt Ramis. Auch Vertreter der Reisebüros und der Transportbranche auf den Balearen rechnen mit Preisnachlässen von mindestens 25 Prozent. Ronny Moriana sagt ebenfalls sinkende Preise voraus. FRS zumindest werde mit den Tarifen „markant" unter denen des Mitbewerbers Baleària liegen.

Und die Verbindungen werden nicht nur günstiger. Unmittelbar nach der Ankündigung des Markteintritts von FRS hat Baleària die Frequenz auf der Strecke Alcúdia-Ciutadella noch einmal erhöht. So verkehrt das Unternehmen bereits Anfang Juni an manchen Tagen bis zu vier Mal zwischen Mallorca und Menorca. Präsident Utor stichelte bei der Feierstunde schon einmal gar nicht feierlich. Konkurrenz sei zwar positiv zu sehen, schließlich sei sein Unternehmen auch in einem solchen Umfeld gewachsen. Aber es solle sich doch bitte um „gesunde Konkurrenz" handeln. Utor beklagte Wettbewerbsnachteile spanischer Unternehmen. Die Regierung unterstütze die Reedereien hierzulande nicht wie in anderen Ländern.