Vielleicht ist es Ihnen auch schon einmal passiert, dass der Fahrer hinter Ihnen beinahe aufs Auto gefahren wäre, weil er auf seinem Handy getippt hat und dadurch abgelenkt war. Oder Sie haben sich erschrocken, als Sie gesehen haben, wie andere Autofahrer Radfahrer mit viel zu wenig seitlichem Abstand überholt haben. Unter anderem den Gebrauch des Handys am Steuer will die spanische Verkehrsbehörde (DGT) durch eine am Montag (21.3.) in Kraft tretende Gesetzesänderung künftig härter bestrafen. Und auch Fahrradfahrer sollen durch die neuen Regeln fortan besser geschützt werden. Wir haben uns die wichtigsten Änderungen mit Juana Ribas, der Vorsitzenden des balearischen Fahrschulenverbands, angesehen. Kursiv erscheint jeweils der von der Website übersetzte Gesetzestext. Die Strafen bestehen oft neben Geldbußen in einem Punktabzug im Verkehrsregister (siehe unten).

Sicherheit und Fahrt:

Andere Fahrzeuge überholen

Auf herkömmlichen Straßen dürfen Fahrer von Pkw und Motorrädern die zulässige Höchstgeschwindigkeit beim Überholen anderer Fahrzeuge künftig nicht mehr um 20 Kilometer pro Stunde überschreiten. So sollen Unfälle beim Überholen vermieden werden.

„Diese Regelung finde ich ein bisschen zu restriktiv“, sagt Juana Ribas. „Dass man etwa auf der Straße zwischen Palma und Manacor nicht schneller als 100 fahren darf, um zu überholen, erscheint mir übertrieben. Allerdings muss man sagen, dass es, was den Verbrauch und die Umweltverschmutzung betrifft, tatsächlich einen Unterschied macht, ob ein Fahrzeug mit 100 oder 120 fährt.“

Schutzausrüstung verwenden

Wer Sicherheitsgurt, Kinderrückhaltesysteme und andere Schutzelemente nicht oder nicht ordnungsgemäß verwendet, verliert vier Punkte.

Bisher waren es drei. „Dass ein Gurt Leben retten kann, ist nachgewiesen. Ich saß selbst erst vor zwei Monaten in einem Auto-Simulator ohne Gurt und hatte noch einen Monat später Probleme mit der Halswirbelsäule. Dabei sind wir wirklich nur fünf Kilometer pro Stunde gefahren, als ich mit meinem Kopf ans Dach geknallt bin. Da will ich mir besser nicht vorstellen, dass mir dasselbe bei 100 km/h passiert. Das ist ein sicherer Tod“, sagt Juana Ribas. Einige Verkehrsteilnehmer würden sich auch sicherer fühlen, wenn sie ihr Baby auf dem Arm halten. „Doch es reicht schon ein leichtes Bremsen des Fahrers, das Baby fällt aus den Armen und kann sterben. Daher finde ich die neue Regelung angemessen“, so die Mallorquinerin.

Handy am Steuer nutzen

Wer während der Fahrt am Steuer sitzt und ein Mobiltelefon in der Hand hält, verliert sechs Punkte.

Vorher waren es nur drei. Das Bußgeld beträgt weiterhin 200 Euro. Der Großteil an Unfällen passiert laut der Fahrschullehrerin, weil Fahrer abgelenkt sind. Aktuell sei einer der Hauptgründe die Handynutzung. „Wie oft passiert es einem, dass der Fahrer hinter einem plötzlich bremst oder Schlangenlinien fährt? Wenn er dann überholt, stellt sich heraus, dass er gerade Nachrichten verschickt. Das sehe ich etwa zweimal pro Tag“, kommentiert Ribas.

Gegenstände hinauswerfen

Wer Gegenstände, die Brände oder Unfälle verursachen könnten, auf oder in unmittelbare Nähe zur Straße wirft, verliert sechs Punkte.

„Zuvor waren es vier Punkte“, weiß Ribas, die die Regelung gut und notwendig findet, aber bezweifelt, dass sie alle Menschen zur Räson bringen wird. „Wir sind oft in Gewerbegebieten unterwegs, in denen es Drive-in-Stationen von Fast-Food-Ketten gibt. Obwohl dort Abfalleimer stehen, werfen viele Leute ihren Müll nach dem Essen auf die Straße.“ Einerseits sei da der Umweltaspekt, andererseits auch die Brandgefahr, die etwa von Zigarettenstummeln, aber auch anderen Gegenständen ausgeht.

Fahrräder und Mopeds überholen

Wer auf einer Straße mit zwei oder mehreren Fahrspuren pro Richtung ein Fahrrad oder Moped überholt, muss dafür die angrenzende Spur vollständig nutzen. Auf einspurigen Straßen müssen Fahrer den seitlichen Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten, sonst werden ihnen sechs Punkte abgezogen.

„Wir zeigen in einem Vortrag über Fahrzeuge mit zwei Rädern immer wieder ein Szenario, bei dem ein Lkw einen Radfahrer mit einer Geschwindigkeit von 20 Kilometern pro Stunde überholt. Es reicht schon der dadurch ausgelöste Wind, damit der Radfahrer umgestoßen wird“, veranschaulicht Ribas.

Fußgängern Vorrang gewähren

An Fußgängerüberwegen, auf Gehwegen und in Fußgängerzonen haben Fußgänger gegenüber Fahrzeugen Vorrang.

Entgegen der Gesetzgebung halten sich Fahrer oft nicht daran. Dabei ist die Regelung gar nicht neu. „Man sollte wirklich stets bedenken, dass Fußgänger mit die verletzlichsten Nutzer im Straßenverkehr sind“, mahnt Ribas.

Verkehrsregeln, Schilder und Behörden respektieren:

Umweltverschmutzung vermeiden

Verkehrsbeschränkungen, die aufgrund von aktiven Protokollen während Verschmutzungsepisoden und in Zonen mit geringem Emissionsausstoß (LEZ) beschlossen wurden, müssen eingehalten werden.

Aus Deutschland kennt man Umweltzonen inklusive Plakette, in der sich nur bestimmte Fahrzeuge aufhalten dürfen. Auch in großen Städten in Spanien, etwa Madrid oder Barcelona, dürfen etwa alte Fahrzeuge, die viele Schadstoffe ausstoßen, in bestimmte Gebiete nicht hineinfahren, wie Ribas erklärt. „Auf Mallorca gibt es derartige Zonen aber noch nicht.“

Radwege freihalten

Es ist nun verboten, mit seinem Fahrzeuge auf einer Fahrradspur oder einem Radweg zu halten oder es gar dort zu parken.

Zu bestimmten Jahreszeiten ist das Aufkommen an Radfahrern auf der Insel bekanntermaßen höher als zu anderen. „Auch wenn sie andere Verkehrsteilnehmer vielleicht stören, müssen wir lernen, auch diese besonders sensible Gruppe an Verkehrsteilnehmern noch besser zu schützen“, findet Ribas. Dazu gehöre auch diese Regelung, deren Nichteinhaltung als schweres Vergehen betrachtet wird.

Störung des Überwachungs- und Kontrollsystems:

Radarblocker nicht mitführen

Egal ob sie angeschaltet sind oder nicht: Das Mitführen von Radarblockern und anderen Warngeräten in Fahrzeugen ist nun verboten. Die Geräte können dafür sorgen, dass Verkehrsüberwachungssysteme nicht ordnungsgemäß funktionieren. Wer gegen die Regel verstößt, verliert drei Punkte.

Bisher war nur das Benutzen verboten, nun schon das Mitführen. „Ich finde die Regelung gut, da man durch die Geräte tricksen kann. Sie sorgen etwa dafür, dass Radare letztlich kein Foto machen können, wenn man zu schnell unterwegs ist“, erklärt die Verbandsvorsitzende.

Führerschein und Punktestand:

Den Punktestand in den Anfangszustand bringen

Unabhängig von den begangenen Straftaten beträgt die Frist zur Wiedererlangung des einstigen Punktestandes nun zwei Jahre, sofern keine Straftaten begangen wurden, die mit Punktabzug einhergingen.

„Stellen wir uns vor, man wurde mit Alkohol am Steuer erwischt und verliert dadurch sechs Punkte. Lässt man sich nun zwei Jahre lang keinen Verstoß zuschulden kommen, der mit Punktabzug einhergeht, bekommt man nach zwei Jahren seine Punkte wieder gutgeschrieben“, so Ribas. Davor war oft die Schwere des Vergehens entscheidend, und die Frist lag bei „sehr schweren Verstößen“ bei drei Jahren.

Führerschein auch digital vorweisen

Es ist nicht mehr notwendig, den Führerschein in physischer Form mitzuführen. Auch mit der App „miDGT“ kann man nun nachweisen, dass man zum Fahren berechtigt ist.

Ribas findet sie praktisch und nutzt sie selbst auch. Ein Selbstversuch zeigt jedoch, dass sich der Zugang mittels „persönlicher Daten“ schwierig gestalten kann. Nutzer der „cl@ve permanente“ sollten keine Probleme haben.

Prüfungen ohne Hilfe von außen bestehen

Wer eine Prüfung ablegt, etwa um seinen Führerschein (wieder) zu bekommen, darf keine gesetzlich nicht zugelassenen Gegensprechanlagen verwenden. Auch die Zusammenarbeit mit einer anderen Person oder deren Unterstützung wird künftig als „sehr schweres Vergehen“ angesehen. Antragsteller dürfen die besagten Prüfungen in diesem Fall erst nach sechs Monaten ablegen.

„Hier könnte die Frist statt bei sechs Monaten auch bei zwei Jahren liegen“, findet Ribas. Nicht selten passiere es, dass der eigentliche Prüfling gar nicht erscheint und stattdessen einen Bekannten schickt, der die Prüfung für ihn bestehen soll, oder sich jemand die Antworten von einem Dritten mittels kabelloser Kopfhörer vorsagen lässt.

Neue Regeln für Motorrad- und Mopedfahrer:

Kabellose Geräte nutzen

Motorrad- und Mopedfahrer dürfen nun, zu Kommunikations- oder Navigationszwecken, unter ihrem Helm zertifizierte oder zugelassene kabellose Geräte benutzen.

„Ein Handy, das sich so mancher Fahrer zwischen Helm und Ohr klemmt“, gehört nicht dazu, stellt Ribas klar. Das Vergehen kostet drei Punkte. Auch wenn es der Gesetzestext nicht genau angibt, ist sie sich sicher, dass man etwa im Falle von kabellosen Kopfhörern nur einen tragen darf. Damit könne sich ein Fahrer etwa per GPS-App den Weg ansagen lassen. „Man sollte Sirenen oder Bremsgeräusche aber zu jedem Zeitpunkt gut hören können“, so Ribas.

Helm tragen

Fahrer, die keinen Helm tragen oder ihn nicht richtig aufsetzen, bekommen vier Punkte abgezogen.

„Das finde ich sehr wichtig. Es sind hierzulande, nachdem sie einen Schlag abbekommen haben, schon Fahrer von Elektrorollern gestorben, nur weil sie keinen Helm getragen haben.“

Neue Regeln für Fahrzeuge zur persönlichen Mobilität:

Minderjährige Fahrer müssen einen Alkoholgrenz-wert von 0,0 aufweisen.

Kurz vorab: Vehículos de movilidad personal sind Fahrzeuge mit einem oder zwei Rädern und nur einem Platz, die von Elektromotoren angetrieben werden und maximal 25 km/h fahren, etwa Elektroroller. „Der Gebrauch dieser Fahrzeuge war bisher gesetzlich nicht reguliert“, kommentiert Ribas. Die 0,0-Regelung gilt auch für minderjährige Fahrradfahrer. „Minderjährige sollen schon früh merken, dass Alkohol und das Fahren von egal welchem Fahrzeug nicht Hand in Hand gehen können, weil sich etwa die Reaktionszeit verlängert. Ich fände eine 0,0-Grenze auch für alle anderen Fahrzeuge sinnvoll“, kommentiert Ribas.

Fahrzeuge zur persönlichen Mobilität sind auf Autobahnen und Schnellstraßen verboten.

„Das erscheint mir nur logisch. Warum sollte ein Elektroroller zusammen mit Fahrzeugen, die 120 km/h schnell fahren, unterwegs sein? Aber man sieht hier wirklich alles: Ich bin etwa auf der Flughafen-Autobahn auch schon neben Fahrrädern gefahren“, erinnert sich Ribas.

Eine Übersicht der wichtigsten Änderungen gibt es unter bit.ly/NeueVerkehrsregeln.

So funtioniert das spanische Punktesystem

Das spanische Punktesystem funktioniert im Vergleich zum deutschen genau umgekehrt: Autofahrer in Deutschland bekommen für Ordnungswidrigkeiten und Straftaten Punkte in Flensburg. Ab acht Punkten wird einem der Führerschein entzogen. In Spanien werden die Punkte von einem Kontingent abgezogen. Bei den meisten enthält es zu Beginn zwölf Punkte. Fahranfänger mit weniger als drei Jahren Fahrpraxis starten mit acht Punkten. Wer sich vorbildlich verhält, kann sein Punktekonto auf bis zu 15 Punkte aufstocken. Der Führerschein wird entzogen, wenn alle Punkte verloren sind.

Informationen: bit.ly/PunktesystemSpanien