Es ist eine Straßenbahn für 80.000 Menschen in den Anrainervierteln – und für Hunderttausende Urlauber. Ab 2027 soll sie zwischen der Plaça d’Espanya und dem Flughafen verkehren. Wenn denn diesmal der Zeitplan eingehalten wird. Denn eigentlich hätten die Bauarbeiten für die Straßenbahn auf Mallorca bereits im Jahr 2008 beginnen sollen. Immer kam letztlich etwas dazwischen. 2023 soll es nun aber endlich losgehen. Das garantierten am Donnerstag (10.11.) die balearische Ministerpräsidentin Francina Armengol und die Transport-Ministerin der spanischen Zentralregierung, Raquel Sánchez, bei der Unterzeichnung der Vereinbarung zwischen den beiden Institutionen im Regierungssitz Consolat de Mar in Palma.

Erst mal nur ein Bauabschnitt

Die Unterschrift von Sánchez garantiert den Balearen die vollständige Finanzierung des ersten Bauabschnitts der so getauften Trambadia (übersetzt etwa: Bucht-Tram) zwischen der Plaça d’Espanya im Zentrum von Palma und dem Flughafen Son Sant Joan. Insgesamt 185 Millionen Euro will die Zentralregierung laut der Vereinbarung nun an die Balearen für den Bau der Bahn überweisen, die ersten 20 Millionen Euro im kommenden Jahr für die Ausschreibung und den Beginn der Arbeiten. Das Geld stammt zum großen Teil aus den NextGeneration-Fonds der EU.

So soll der Startpunkt der Bahn an der Plaça d’Espanya aussehen. | FOTO: CAIB

Die beiden anderen Bauabschnitte sind nach Angaben der Balearen-Regierung günstiger, sodass sich die Gesamtkosten des Projekts auf 250 Millionen Euro belaufen. Wann die weiteren Bauabschnitte zwischen dem Flughafen und der Playa de Palma sowie zwischen der Plaça d’Espanya und dem Landeskrankenhaus Son Espases verwirklicht werden, konnten die Politikerinnen nicht sagen. Wer die Straßenbahn in Zukunft betreibt, ist ebenfalls noch unklar. Wahrscheinlich ist, dass die Balearen-Regierung einer privaten Firma die Konzession überträgt.

16 Haltestellen in 31 Minuten

Klar sind dafür die Rahmendaten der Straßenbahn, die der Generaldirektor für Mobilität, Jaume Mateu, erklärte: Auf 10,8 Kilometern verbindet die Trambadia die Stadt Palma mit dem Ankunfts-Terminal des Flughafens. Insgesamt 16 Haltestellen soll es auf der Stammstrecke geben, alle zehn Minuten soll die Tram fahren und Platz für 250 Passagiere bieten. Die Fahrt zwischen dem Stadtzentrum von Palma und dem Flughafen werde ziemlich genau 31 Minuten betragen, so der Generaldirektor. Wie viel ein Ticket kosten wird, konnte er noch nicht sagen. Wenn es denn überhaupt etwas kostet, schließlich ist der öffentliche Nahverkehr auch im gesamten Jahr 2023 auf den Balearen kostenlos.

Die Streckenführung der Trambadia. Grafik: CAIB

So sieht die Streckenführung aus

Der genaue Streckenverlauf der Trambadia entspricht weitgehend den Planungen aus dem Jahr 2011: Von der Plaça d’Espanya führt die Trasse entlang der Avinguda Alexandre Rosselló und der Avinguda Gabriel Alomar, wo sie in den Carrer Pérez Galdós einbiegt und von dort auf die Avinguda Mèxic im Viertel Nou Llevant. Am Ende der breiten Straße quert die Straßenbahn mithilfe einer Brücke das Autobahndreieck der Ma-20 und der Ma-19.

Weiter geht es auf dem Carrer Ciutat de la Plata und dem Carrer de Llucmajor durch das Viertel Molinar und auf der Fortsetzung der Straße, dem Carrer del Cardenal Rossell durch Coll d’en Rebassa. Von dort zweigt die Strecke auf den Camí de Can Pastilla ab und verläuft durch das gleichnamige Viertel. Schließlich querte die Straßenbahn über eine weitere Brücke die Autobahn Ma-19 ein zweites Mal und endet am Flughafen. Alle 14 Haltestellen sowie Start- und Zielpunkt Plaça d’Espanya und Flughafen-Terminal gehen aus der Karte über dem Artikel hervor.

Die Tram wird auf der gesamten Strecke elektrisch betrieben sein. Für die Bauarbeiten sind 40 Monate vorgesehen. Wann es genau im kommenden Jahr losgehen soll, ist noch offen. Das Projekt liegt die kommenden Wochen bis zum 13. Dezember öffentlich aus, die Bürgerinnen und Bürger können Eingaben machen. Auf der Website trambadia.org gibt es die Informationen dazu.

Die Straßenbahn in Palma Anfang des 20. Jahrhunderts.

Eine Straßenbahn in Palma ist keineswegs etwas Neues. Bereits 1891 gab es die erste Tram in der Stadt, die damals noch von Maultieren gezogen wurde. Zunächst war die Straßenbahn etwas, das die palmesanas und palmesanos in ihrer Freizeit nutzten – ähnlich einer Bummelbahn, wie sie heute in manchen Urlaubsorten unterwegs ist.

Die erste Linie der Straßenbahn führte vom Rathausplatz in Palma nach Porto Pí mit Haltestellen in Son Alegre, Son Armadans und El Terreno. Schnell wurde klar, dass diese Form des Transports zu langsam war und dass eine einzige Linie der großen Nachfrage nicht gerecht wurde. In Palma fiel die Einführung der elektrischen Straßenbahn 1916 mit der Erweiterung der Stadt zusammen. Die Einwohnerzahl wuchs stark an, die Stadt wucherte aus den Stadtmauern heraus, es entstanden neue Viertel. Und somit waren neue öffentliche Verkehrsmittel nötig.

Zunächst existierten Straßenbahnen, die von Maultieren gezogen wurden und solche, die elektrisch fuhren, nebeneinander. Wenige Jahre später wurde das gesamte Netz elektrifiziert.

Die ersten Linien, die rein elektrisch betrieben wurden, waren die von der Avinguda Antoni Maura nach Porto Pí, die vom Passeig des Born zur Porta Sant Antoni und die von der Porta Sant Antoni nach Hostalets. In den 20er-Jahren des 20. Jahrhunderts entstanden dann schnell zahlreiche weitere Linien, etwa nach Pont d’Inca, Cas Català, El Molinar, El Arenal, Son Roca, Gènova, La Soledat und Establiments.

Im Spanischen Bürgerkrieg zwischen 1936 und 1939 stand die Straßenbahn unter der Kontrolle des Militärs. Nach dem Krieg verlor die Tram schnell an Bedeutung. Die Beschränkungen bei der Elektrizität und das Fehlen von Ersatzteilen führten dazu, dass die Straßenbahnen immer öfter ausfielen. 1952 kamen die ersten Busse auf Mallorca an – der Anfang vom Ende der Tram. Im Jahr 1959 wurde die letzte Straßenbahn von den Gleisen geholt.

Bartomeu Bestard

Das bedeutet es für die Viertel

Für die Stadtviertel, die an der Strecke liegen, bringen die Arbeiten für die Straßenbahn zunächst natürlich Lärm, Schmutz und Straßensperrungen mit sich. Wenn die Arbeiten dann aber beendet sind, können sich die Viertel über eine deutliche Aufwertung freuen. Angefangen an der Plaça d’Espanya, wo die Straßenbahn dazu beitragen soll, die Luftverschmutzung durch Autoabgase deutlich zu senken

An dem zentralen Platz in Palma beginnend verlaufen die Straßenbahnschienen zunächst auf der Seite der Altstadt, bevor sie nach wenigen Metern in die Mitte zwischen den beiden Fahrbahnen wechseln. Auf dem gesamten Abschnitt werden die Bürgersteige und die Beläge erneuert. Noch einmal aufwerten dürfte die Straßenbahn auch das Viertel Nou Llevant, das mit seinen vielen neuen Wohnanlagen und Bauprojekten ohnehin als Zukunftsquartier propagiert wird. Ein weiteres Anliegen ist, das Viertel in Richtung Meer zu öffnen. Der neuen Verbindung zum Viertel Es Molinar kommt so eine große Bedeutung zu.

Verkehrsberuhigung inklusive

In Molinar selbst soll die Straßenbahn unter anderem die beiden Schule CEIP Es Molinar und die EI Es Molinar besser miteinander verbinden. Der bisher eher unansehnliche Carrer Llucmajor, die Hauptstraße, die weiter in Richtung Coll d’en Rabassa verläuft, soll deutlich attraktiver werden, indem der Platz für den motorisierten Verkehr zugunsten der Straßenbahn eingeschränkt werden soll. Auch Fußgänger werden dort nach den Plänen in Zukunft mehr Platz bekommen. Im Norden von Es Molinar wird eine Ortsumgehung gebaut, auf die dann ein Großteil des Verkehrs geleitet wird.

Für Coll d’en Rabassa bedeutet die Straßenbahn zunächst einmal eine deutliche Verbesserung der Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr und somit auch an das Zentrum von Palma. Auch hier wird der Verkehr aus dem ebenfalls derzeit noch dicht befahrenen Carrer Cardenal Rossell in andere Straßen im Norden des Viertels umgeleitet. Lärm und Abgase in der von Bars und Geschäften geprägten Achse des Ortes sollen deutlich abnehmen.

In Can Pastilla wird mit der Hauptstraße Carrer Bartomeu Riutort ähnlich verfahren. Diese Straße verwandelt sich in eine sogenannte Bürgerachse, einen eje cívico, und wird lediglich noch für Anwohner befahrbar sein. Der Verkehr wird künftig über den Carrer Octavi August geleitet. Es werden Pendlerparkplätze geschaffen. Am Flughafen schließlich wird die Straßenbahn an der Einfahrt zum Parkhaus enden. Ein weiterer Haltepunkt wird am Langzeitparkplatz geschaffen.

„Traum wird Wirklichkeit“

Dem Bürgermeister der Stadt Palma, José Hila, wurde es überlassen, die Nachricht vom Bau der Tram verkünden zu dürfen. Es sei ein „Tag der Glückseligkeit“ für ihn und seine sozialistische Parteikollegin Aina Calvo, die als Bürgermeisterin von Palma zwischen 2007 und 2011 bereits das Projekt mit ins Rollen gebracht hatte. Die neue Straßenbahn verbinde wichtige Stadtteile von Palma und den Flughafen. „Das ist ein Verkehrsmittel nicht nur für diejenigen, die zum Flughafen wollen, sondern auch für alle Anrainer der Strecke“, sagte Hila. „Ein Traum wird Wirklichkeit.“

Transportministerin Raquel Sánchez sprach von einer „anderen, neuen Art der Mobilität“. Ferner garantierte sie die Einhaltung der Vereinbarung, die die Zentralregierung zur Finanzierung der Trambadia verpflichtet. „Und selbst wenn eine andere Partei in Zukunft regieren sollte, ist die Vereinbarung dann weiterhin gültig“, sagte Sánchez.

Die früheren Planungen

Dass Palma tatsächlich eines Tages eine Straßenbahn bekommen würde, haben wohl die wenigsten Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt für möglich gehalten. Zu häufig verkündeten die verschiedensten zuständigen Politiker, dass bald Baubeginn sein würde. Das erste Mal war es im Jahr 2007, als die damalige Stadtverwaltung von Palma das Projekt Straßenbahn in den Raum warf. Der für Mobilität zuständige Stadtrat Joaquín Rodríguez erklärte im Dezember 2007, die Straßenbahn sei eine Priorität für die Stadt. Die Arbeiten sollten bereits 2008 beginnen, die Tram insgesamt 300 Millionen Euro kosten.

Für das Jahr 2011 war die Inbetriebnahme der Bahn geplant. Die kurz darauf einsetzende Wirtschafts- und Finanzkrise sowie der Wechsel an der Spitze der Balearen-Regierung hin zur konservativen Volkspartei PP begruben das Projekt dann im Jahr 2011 allerdings zunächst immer wieder.

Volkspartei PP schimpft auf "Projekt zu Wahlkampfzwecken"

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Als 2015 die Sozialisten sowohl auf Balearen-Ebene als auch in Palma wieder an die Macht kamen, wurde das Vorhaben reaktiviert. Die Stadtverwaltung von Palma kündigte an, die Straßenbahn realisieren zu wollen und dafür die Unterstützung der Landesregierung zu haben. Bis zu dem nun erfolgten Startschuss brauchte es dann noch einmal sieben Jahre.

Die konservative Volkspartei PP, seit jeher kein Freund der Straßenbahn, blieb am Tag der Vorstellung erstaunlich ruhig, hatte aber bereits einen Monat zuvor gegen die Tram geschossen. Der Vorsitzende der PP in Palma, Jaime Martínez, bezeichnete sie als „Projekt zu Wahlkampfzwecken“. „Wir brauchen keine Infrastruktur dieses Ausmaßes und vor allem nicht zu diesem Preis“, sagte Martínez.