Tagsüber ist der Komplex vielerorts noch immer eine Großbaustelle. Nachts aber, wenn die Fassade und die Markenlogos bunt strahlen, wirkt das Shopping- und Vergnügungs­zentrum FAN, das am kommenden Donnerstag (22.9.) um 10 Uhr seine Pforten öffnet, bereits so gut wie fertig. In jedem Fall wird es eng mit dem Zeitplan, wie auch Dolores Bañón durchklingen lässt, Expansions­leiterin des Bauträgers Carrefour Property. „Wir vertrauen darauf, dass alle Betreiber die Montage und Dekoration ihrer Läden beendet haben, bevor wir für die Öffentlichkeit öffnen."

Es ist ein Countdown, der seit mehr als einem Jahr medial vorbereitet und mit jeder Menge Superlativen unterfüttert wird. 190 Millionen Euro Investitionssumme, 120 Ladenlokale auf 66.000 Quadratmetern, angepeilte 12 Millionen Besucher pro Jahr - das dann größte Einkaufszentrum Mallorcas wird die Koordinaten des Einzelhandels neu einstellen. Die alteingesessenen Geschäfte in Palma fürchten einen weiteren Niedergang, und die bestehenden Einkaufszentren feilen an den Konzepten, um nicht alt auszusehen.

Die Frage, ob die Insel so etwas braucht, ist müßig. „Ich kenne kein Land in Europa, das beim Einkaufsangebot unterversorgt wäre", meint Joachim Will, Geschäftsführer der auf Shoppingcenter spezialisierten Consultingfirma Ecostra. Auch in eigentlich weitgehend gesättigten Regionen wie dem deutschsprachigen Raum oder auf dem spanischen Festland gebe es immer wieder neue Entwicklungen und Verdrängungsversuche.

Ein Grund für die Investitionen ist die Lage auf den Finanzmärkten. In Zeiten, in denen die Zinsen am Boden liegen, ist die Finanzierung solcher potenziell rendite­trächtiger Vorhaben ein Kinderspiel. „Banken und Investmentfonds suchen händeringend nach Projekten, in die sie investieren können", sagt Joachim Will.

Hinter FAN steht der französische Global Player Carrefour, der bislang drei hípermercados in Palmas Stadtbezirk betreibt, also Großsupermärkte, deren Sortiment von der Unterwäsche über Handys bis zum Autozubehör reicht. Das neue FAN-Zentrum wird dem bestehenden hípermercado in Coll d´en Rabassa übergestülpt. Die Inves­titionen würden zu 100 Prozent mit eigenen Mitteln gestemmt, heißt es in der Konzernzentrale.

FAN trumpft mit Markennamen auf, die zum Teil noch nicht auf Mallorca vertreten sind, so etwa der genauso trendige wie umstrittene Billigdiscounter Primark mit einem sogenannten flagship store. Oder mit der Kaffeehaus-Kette Starbucks, die mit „personalisierten Kreationen" zu ebenso exklusiven Preisen wirbt. Besonders deutschen Kunden vertraut vorkommen dürften die inzwischen zweite Mediamarkt-, die dritte Deichmann- und die ebenfalls dritte H&M-Filiale auf Mallorca - Shopping fast wie zu Hause.

Auch wenn laut Carrefour praktisch die gesamte Ladenfläche vermietet ist, gibt zu denken, dass der französische Konzern nicht den galicischen Textilgiganten Inditex an Bord holen konnte. Der dominiert mit seinem Markensortiment - Zara, Zara Home, Massimo Dutti, Pull & Bear, Bershka, Oysho, Uterqüe, Stradivarius - Spaniens Fußgängerzonen und gilt als Erfolgsgarant von Einkaufszentren. „Das große Modeangebot von FAN beinhaltet praktisch alle weltweiten Marktführer, außer der Gruppe, auf die Sie sich beziehen", sagt die da­rauf angesprochene Dolores Bañón. Man habe auch so in Sachen Mode das auf Mallorca vollständigste Angebot. Laut Branchenspekulationen­ setzt Inditex auf Palma Springs, ein weiteres, derzeit auf Eis liegendes Projekt für ein Einkaufszentrum an der Playa de Palma, hinter dem mit der französisch-niederländischen Gruppe Unibail-Rodamco ein weiterer großer Handelskonzern steht.

Markennamen sind aber ohnehin nur noch die halbe Miete. Um Erfolg zu haben, setzen neue Einkaufszentren auf „Erlebniswelten" sowie Treffpunkte aller Art - die sogenannten Foodcourts etwa werden immer wichtiger. Mit Angeboten wie einem 4D-Kino tritt FAN denn auch in direkte Konkurrenz zum Festival Park, der mit Multiplex-Kino und Themen-Restaurants am stärksten auf Gastro- und Freizeitangebote setzt. Allerdings hat der Komplex in Marratxí mit seinem Outlet-Schwerpunkt auf insgesamt gut 32.000 Quadratmetern Verkaufsfläche weiterhin ein Alleinstellungsmerkmal und mit VIA Outlets einen neuen Besitzer mit großer internationaler Erfahrung.

Am deutlichsten zu spüren­ bekommen dürfte die Konkurrenz­ das fast genauso große Porto-Pí-Zentrum. Es wird von der spanischen Gesellschaft Testa verwaltet­, die heute der Immobilien-Aktiengesellschaft Merlin Properties gehört. Porto Pí hat bereits 20 Jahre auf dem Buckel, wartet aber in strategischer Nähe zum Kreuzfahrthafen bei Regen oder Hitze mit klimatisierten Räumlichkeiten auf. Letzteres trifft auch auf die kleineren Mitbewerber wie Ocimax und Alcampo zu, die jedoch weniger Shoppingzentren als Ladenpassagen sind.

FAN setzt dagegen auf offene Architektur - ein Merkmal mediterraner Einkaufszentren, wie Experte Will betont. Während in Deutschland viele Shoppingmalls wegen der meist schlechten Witterung geschlossen seien, ist in südlichen Ländern wichtiger, dass vor allem die Autos im Schatten, sprich in der Tiefgarage stünden. Carrefour Property verspricht insgesamt 2.500 Stellplätze, eine Tiefgarage unter dem hípermercado in Coll d´en Rabassa wurde vorab fertiggestellt.

Keine Kontrolle hat Carrefour über die Verkehrsanbindung - der Ausbau des zweiten Rings rund um Palma hat sich weiter verzögert. Zwar wurde der Kreisel an der Abfahrt von der Flughafen-Autobahn mit einer zusätzlichen Fahrspur versehen. Ansonsten ist die Straße entlang des Einkaufszentrums aber noch immer einspurig. Schon jetzt staut sich zu Stoßzeiten in den zahlreichen Kreiseln der Verkehr. Managerin Bañón regt denn auch an, eine der drei Buslinien zu nutzen, und bittet um Geduld, falls es zur Eröffnung den einen oder anderen Stau gebe. „Ein Projekt dieser Größenordnung weckt nun einmal die Neugier bei vielen Menschen."