Es ist mit die erste Frage der Besucher am Empfangsschalter gleich neben dem Fanshop: Ist er da? Nicht ausschließlich, aber vor allem deswegen ist man schließlich hier, im Rafa Nadal Sports Centre, der 50.571 Quadratmeter großen Anlage mit Tennisakademie, Wohnheim und Museum, die der mallorquinische Superstar vergangenes Jahr in Manacor eröffnete.

An diesem Donnerstag (2.2.) fällt die Antwort zunächst unbestimmt aus: „Wir haben seinen Tagesplan nicht", sagt Aitana Tomas, die den MZ-Redakteur zu einer Probeübernachtung in der Sport Residence empfängt. Offiziell ist das ein Wohnheim, das zur Unterbringung von durchreisenden Sportlern gedacht ist sowie der Eltern, deren Kinder in der Tennisakademie ein Jahr unterrichtet werden. Die 64 Doppelzimmer und 3 Suiten stehen jedoch auch externen Gästen offen.

„Wir sind aber kein normales Hotel", sagt Tomas. „Der Fokus liegt ganz klar auf dem Sport." Wer sich hier für ab 150 Euro in das Doppelzimmer mit Frühstück einquartiert, hat Zugang zu Fitnessstudio und Spa und kann sich gegen Aufpreis einer der 26 Tennisplätze mieten. Auch Felder für Fußball, Basketball, Pádel und Squash stehen zur Verfügung.

Die Zimmer sind geräumig, die Betten extragroß, und vom Balkon blickt man auf den Centre Court. Anfang Februar wirkt das Haus noch recht leer. Man testet noch, wer die geeignete Zielgruppe ist. Nicht so sehr, was die Nationalität anbelangt: Der 30-jährige Rafael Nadal ist ein Weltstar, seine Fans kommen aus allen möglichen Ländern angereist. Aber was die sportlichen Interessen betrifft. Auch Radsportler etwa sollen sich hier einquartieren. „Wir haben eine eigene Fahrradwerkstatt im Keller und verleihen auch die besten Sporträder", wirbt Aitana Tomas. Ende April sollen etliche Teilnehmer der Rundfahrt Mallorca 312 hier unterkommen.

Im selben Gebäude ist auch der Spa untergebracht: Pools mit warmem und kaltem Wasser, Wasserfälle, Dampfbäder und Saunen und ein Hallenbad mit einem 25-Meter-Becken. Und da ist auch noch die von der Juaneda-Gruppe betriebene Sportklinik: Hier werden Rückenleiden oder Knieprobleme behandelt und Ernährungspläne erstellt. Auch er, Rafael Nadal, wird hier betreut. Wie es um sein Handgelenk steht, will oder kann die Dame an der Rezeption aber nicht verraten.

Die Tennisakademie selbst liegt in einem anderen Gebäude. Kontakt zu den Schülern im Internat hat man als Gast im Wohnheim kaum. Anzutreffen sind die Nadals von morgen allenfalls in der Cafeteria, wo sie bei Schoko­tafeln oder Softdrinks besser nicht über die Stränge schlagen, sonst gebe es Ärger, wie Aitana Tomas sagt.

Überhaupt herrscht in der Tennis­akademie ein strenges Regiment. Nadal ist an diesem Freitagmittag nicht zu sehen, aber es scheint durchaus der Geist der harten Trainingsmethoden seines Onkels Toni über die Anlage zu wehen. Eine Gruppe Jungs hat gerade eine Runde Trainingsspiele beendet. Die Verlierer stellen sich zur Strafe vorgebeugt an eine Wand. Der Tennisschläger schützt die intimen Stellen. Die Gewinner sind mit Bällen bewaffnet und ballern drauf los. „Davis Cup nennen wir das", sagt Conni Wieser aus Sankt Gilgen in Österreich. „Wir suchen uns zuvor ein Land aus, und der Verlierer bekommt danach was hinten drauf." Wieser hat mit Frankreich gegen Spanien verloren.

Der 17-Jährige will in Manacor den Grundstein für eine Profikarrie­re legen und nimmt dafür einiges in Kauf. „Ich spiele von 9 bis 12 Uhr Tennis und bin danach eine Stunde im Fitnessraum. Nach dem Mittagessen ist die Schule dran. Am frühen Abend geht es ein weiteres Mal auf den Platz", erzählt er. Freizeit bleibt dann nur von 21 bis 22 Uhr und ein wenig am Wochenende - so man sich gut benommen hat. „Wenn ich nach 22.30 Uhr nicht im Bett bin, bekomme ich ein Kreuz, um 23 Uhr geht das Licht aus", erzählt Wieser. „Bei drei Kreuzen bin ich von den Wochenendaktivitäten ausgeschlossen."

Umgangsprache in der Akademie ist Englisch. Derzeit sind 82 Schüler an der Tennisakademie eingeschrieben, es könnten bis zu 140 sein. „Die meisten kommen aktuell aus Großbritannien und Indien", sagt Marc Gorriz, Cheftrainer der Akademie und ehemaliger Tennisprofi. Viele der 12- bis 18-Jährigen besuchen die im gleichen Gebäude untergebrachte American International School, die sich am amerikanischen Bildungssystem orientiert und auch externen Schülern zugänglich ist.

Dennoch sind Schule und Akademie eng verzahnt. „Bei Disziplinarverstößen oder schlechten Noten dürfen die Schüler nicht an Turnieren teilnehmen", sagt Salvador Jiménez, der als Organisator und Ansprechpartner für die Eltern fungiert. „Die Trainer und unsere Psychologin Alba López berichten mir alles, und ich trete dann, wenn es nötig ist, mit den Eltern in Kontakt."

Rafael Nadal ist hier nicht nur auf den allgegenwärtigen Bildern und Fotos präsent. Die Schüler bekommen ihn auch immer wieder zu Gesicht. „Er war bei unserem Weihnachtsessen eine Stunde lang da", erzählt Wieser. „Einer meiner Freunde, in England die Nummer 1 in seiner Altersklasse, trainiert sogar regelmäßig mit ihm. Auch ich durfte schon mal ein paar Bälle mit ihm schlagen."

Auch als Gast in der Sports Residence kann man in den Genuss einer Begegnung mit dem 14-fachen Grand-Slam-Gewinner kommen. Im Übernachtungspreis inbegriffen ist die Nutzung des 3.000 Quadratmeter großen Fitnessstudio im Untergeschoss des Hauptgebäudes. Außen herum die Ausdauergeräte, in der Mitte die Fitness-Klassiker, weiter hinten Hantelbänke und Gewichte, alles vom Feinsten. Auf dem Laufband bietet ein großer Bildschirm Abwechslung: Facebook, Skype, deutsches Fernsehen, ein virtuelles Rennen auf der Tartanbahn gegen die anderen Fitness-Treibenden - darunter auch Ortsansässige - oder auch ein Lauf durch San Francisco.

Der Mann auf dem Stepper hinter uns sieht sich Ausschnitte des Finales der Australian Open an. Es ist tatsächlich er, Rafael Nadal. In Begleitung eines Fitnesstrainers legt er ein beachtliches Tempo vor. Außer ein paar kurzen Seitenblicken erntet der 30-Jährige nur wenig Aufmerksamkeit. Nach einer reichlichen halben Stunde ist er fertig. „Más o menos", antwortet er im Fortgehen auf die Frage, ob er sich gut von den anstrengenden Duellen in Down Under erholt habe.

Am nächsten Tag werden wir ihm im Treppenhaus noch einmal begegnen. Es bleibt bei einem flüchtigen Gruß. „Er bleibt nie stehen, um mit jemandem zu sprechen", klärt uns Mayte Fernández, die Leiterin des Fitnessstudios, auf. „Denn dann würden gleich alle mit ihm reden wollen."