Erscheinungsdatum des Originalartikels: 13. Oktober 2016

Dass es um die Qualität des ins Meer geleiteten Wassers aus Kanalisation und Kläranlagen mitunter nicht zum Besten steht, wusste Juan Poyatos von der Zeitschrift „Gaceta Naútica" bereits. Zusammen mit französischen Reportern ging er Ende August 2016 auf Tauchgang vor Mallorcas Küste, um zu dem Thema Aufnahmen zu machen. „Dabei gibt es während des trockenen Sommers eigentlich nicht viel zu sehen, weil weniger Wasser eingeleitet wird", so der Journalist und Taucher.

Doch dann waren da diese roten Flecken auf dem Meeresgrund vor Palmas Stadtstrand Ciutat Jardí, von großer Zahl und unterschiedlicher Größe. „So etwas hatte ich überhaupt noch nicht gesehen", meint der Meeresexperte. Die Taucher machten in rund 15 Metern Tiefe und etwa einen Kilometer vom Strand entfernt Fotos, die sie Experten des Spanischen Ozeanografischen Instituts sowie der Balearen-Universität (UIB) vorlegten. Klarheit brachten aber erst Proben, die bei einem zweiten Tauchgang genommen wurden und von Biologen der UIB analysiert wurden.

Ergebnis: Es handelt sich um Ansammlungen von Cyanobakterien. Sie gelten als Anzeichen für eine ungewöhnlich hohe Anreicherung organischer Verschmutzung - insbesondere mit hohen Phosphat- und Nitratwerten. Poyatos spricht von einer Art Wüste auf einer Fläche, die etwa einem Basketballfeld entspreche. Außer Bakterien sei kein weiteres Leben zu ­erkennen. „Kein einziger Fisch, keine Garnele, kein Seestern. Nichts als Sand und rote Flecken, manche von bis zu zwei Meter Durchmesser." Das Poseidongras wachse nur noch spärlich an vereinzelten Stellen.

Die Stelle befindet sich in rund 400 Metern Entfernung von der Mündung eines am Meeresboden verlegten Ableiters. Fäkalhaltiges Wasser gelangt hier vor allem nach starken Regenfällen ins Meer - dann reichen die Kapazitäten der Kanalisation und der Kläranlagen nicht aus, Regen- und Abwasser fließen vermischt ins Meer. Das passiert laut Poyatos aber nicht nur an Tagen mit starken Regenfällen, sondern in begrenztem Umfang das ganze Jahr über - rund 20 Prozent des Wassers in Palmas Stadtgebiet, das ins Meer fließe, seien nicht oder unzureichend geklärt.

Auf dieser Basis stellt Poyatos eine Hochrechnung auf, die zu denken gibt: Bei 200 bis 300 Gramm menschlicher Ausscheidungen pro Tag und einer Zahl von mehr als 400.000 gemeldeten Residenten im Stadtgebiet ergibt sich eine durchschnittliche Menge von 20 Tonnen Fäkalien täglich, die ins Meer gespült werden - nicht gerechnet die Urlauber, die natürlich ebenfalls auf Toilette gehen, und die sonstigen Rückstände im Abwasser.

Bei Palmas Stadtwerken Emaya, die Poyatos inzwischen zu einem Gespräch geladen haben, ist man sich der Probleme bewusst. Auch wenn die Bakterien an sich nicht gefährlich seien und man weitere Untersuchungen abwarten müsse, zeuge der Fund von der starken Anreicherung organischer Stoffe, so eine Sprecherin gegenüber der MZ. Sie betont allerdings, dass Fäkalwasser nur nach starken Regenfällen ins Meer gelange - ansonsten handle es sich um geklärtes Wasser, das nicht bei der Bewässerung von Feldern benötigt werde.

„Unser Ziel ist in jedem Fall, die Verunreinigungen auf null zu reduzieren", so die Sprecherin. Dafür sind Investitionen in die veralteten Kläranlagen in Palmas Stadtgebiet nötig, vor allem in EDAR 2 bei Coll d'en Rabassa. Die Anlage aus den 60er-Jahren, die zuletzt 1986 renoviert wurde, hat nicht mal ein Regenrückhaltebecken. Die Pläne für Ausbau und Modernisierung der Anlagen und der Kanalisation liegen auf dem Tisch, die Stadtverwaltung ist jedoch bei der Finanzierung des Projekts - die Rede ist von bis zu 100 Millionen Euro - auf die Zentralregierung und die EU angewiesen.

Die Bakterien seien an sich nicht das Problem, betont auch Poyatos, sondern vielmehr ein Zeichen für den miserablen Zustand des ökologischen Gleichgewichts. Badegäste fänden in Ciutat Jardí zwar „keine idealen Bedingungen" vor, der Journalist würde aber auch nicht vom Baden abraten, „ich gehe dort auch regelmäßig tauchen".

Wird die Verunreinigung zu stark, sodass die gesetzlichen Grenzwerte überschritten werden, sprechen die zuständigen Gemeinden ein Badeverbot aus. Auf Mallorca war das im mehrfach der Fall, an den Stadtstränden von Palma, aber auch in den Gemeinden Santa Margalida, Calvià oder Andratx. Die touristischen Rekordzahlen haben sich somit auch in der Aus- und Überlastung der Infrastruktur gezeigt.

(Dieser Artikel erschien am 13. Oktober 2016 in der MZ-Printausgabe)