Die Bauarbeiten an der Plaça Mercadal mitten im historischen Zentrum von Palma gehen in die heiße Phase. Viele Jahre lang ließen die Eigentümer dort zwei Gebäude verfallen. Dann kaufte 2016 ein deutscher Investor die beiden Häuser. Seither werden sie umgebaut, es entstehen insgesamt neun Luxuswohnungen, sieben davon mit einem bis drei Balkonen. Das Projekt betreut die Anwaltskanzlei Bufete Mercadal. Deren Leiter, Francisco Mercadal, hat sich auf Immobilienrecht spezialisiert und berät Investoren.

Der Mallorquiner wird auch nach der Fertigstellung dieses Projekts zu tun haben. Denn direkt gegenüber der Plaza hat derselbe deutsche Investor das ehemalige Gebäude von Radio España, einem ehemaligen Lampengeschäft, gekauft und will hier ebenfalls Eigentumswohnungen einrichten. Das Gebäude stammt aus den 40er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts und steht seit rund zehn Jahren leer. Vier Wohnungen sollen nach der Renovierung dort zum Verkauf stehen, zwei davon als Maisonettewohnungen. Größe: zwischen 136 und 176 Quadratmeter. „Die Genehmigungen dafür haben wir bereits", sagt Francisco Mercadal der MZ. Baubeginn sei deshalb noch dieses oder spätestens nächstes Jahr. „Palma hat in den vergangenen Jahren so unglaublich an Attraktivität gewonnen, das hätte sich kaum jemand träumen lassen", schwärmt der Anwalt. Und gerade das ehemalige Rotlichtviertel Sa Gerreria ziehe Investoren an, weil es so zentral liege.

Über das Zentrum hinaus

Beteiligte gibt es bei diesen Geschäften viele: die Investoren, also die Geldgeber, dann die Bauträger, die manchmal auch als Investoren fungieren, sowie Projektmanager und andere Experten etwa im Immobilienrecht. Gekauft und renoviert wird längst nicht mehr nur im Szeneviertel Santa Catalina oder in der Altstadt von Palma, wo die Zahl verfügbarer Objekte deutlich geringer geworden ist und die Preise in die Höhe geschossen sind. So werden in der Altstadt inzwischen Quadratmeterpreise von 2.000 bis 2.500 Euro für renovierungsbedürftige Immobilien aufgerufen.

Die Geschäftsleute kaufen inzwischen auch in Vierteln, die lange Zeit als traditionelle Wohngegenden für die Mallorquiner galten, ganze Wohnblöcke auf, richten sie her und versuchen, sie gewinnbringend zu verkaufen. Oder aber zu vermieten. So läuft das etwa im Viertel Son Espanyolet. Der Norweger Erik Oren hat neun Häuser in dem ruhigen Wohnviertel gekauft und sie renoviert, um sie an Feriengäste zu vermieten. Kürzlich präsentierte er ein neues Projekt mit fünf weiteren Immobilien. Anwohner beklagen, seither sei die Ruhe in dem Viertel dahin, manche Urlauber­gruppen würden bis tief in die Nacht an den Pools Partys feierten.

Einiges in Bewegung ist auch an der Plaça Gomila, dem ursprünglichen Party-Viertel der Stadt. In den vergangenen Monaten haben ebenfalls vor allem ausländische Investoren zahlreiche heruntergekommene Häuser aufgekauft und wollen sie in den kommenden Jahren restaurieren. Stellvertretend seien zwei Projekte von Engel & Völkers und der mallorquinischen Schuhfirma Camper genannt. Während die deutsche Immobilienfirma in einem Lokal, das bereits Restaurants und Bars wie „La Casita" oder „El Dylan" beherbergte, Luxuswohnungen vermarkten will, hat Lorenzo Fluxá, der Präsident von Camper, vor, in einem anderen Gebäude im Carrer Joan Miró sein erstes Hotel auf Mallorca zu errichten.

Auch der Deutsche Chris Bauer hofft gemeinsam mit seinem Vater Paul auf das Potenzial von Gomila. Die beiden Münchner haben eine Immobilie an der Straße Joan Miró gekauft und wollen sie in gehobene Wohneinheiten umwandeln. Das vierstöckige Gebäude soll fünf Wohnungen bekommen, die zwischen 88 und 135 Quadratmeter groß sein werden. Die Preise liegen zwischen 475.000 und einer Million Euro. Auf der Dachterrasse wollen die Bauers einen Gemeinschaftsbereich mit kleinem Pool oder Jacuzzi einrichten. Erfahrung mit Investitionen in Palma haben die Bauers bereits seit Jahren. Sie sind unter anderem Teilhaber des Bauträgers Xojay, der im Viertel Nou Llevant eine große und luxuriöse Wohnanlage plant, deren Wohnungen für Normalverdiener schwierig zu finanzieren sein dürften.

Mit und ohne Makel

Zwei, die sich mit Investitionen in Palma schon lange auskennen, sind Bernd Katzmarcik und Michelangelo Mazzoccola. Katzmarcik ist Projektmanager der Firma Europrojekt, Mazzoccola Inhaber der Firma Dreamcasa. Beide kaufen seit Jahren, meist mit Partnern, Immobilien auf, lassen sie herrichten und verkaufen sie dann wieder. „Viele der Investoren auf der Insel machen eine sogenannte Mischkalkulation. Sie kaufen Objekte, die ideal sind und mischen sie mit anderen, die Mankos haben. Die einen bringen dann eine hohe Rendite, die anderen eine niedrige. Aber unterm Strich bleibt es ein gutes Geschäft", erklärt Katzmarcik.

Für den Erfolg der Unternehmung ist wie immer im Immobiliengeschäft die Lage des Gebäudes entscheidend, sagen Katzmarcik und Mazzoccola übereinstimmend. Für Katzmarcik bedeutet das vor allem Meerblick, auch in der Altstadt. „Wenn eine Wohnung Meerblick hat, dann sind neun von zehn potenziellen Käufern interessiert. Hat sie keinen Meerblick, sind es vielleicht zwei." An einer belebten Kreuzung sollte sich die Immobilie nicht befinden. Und: Je höher die Wohnung im Haus liegt, desto besser, weil mehr Tageslicht hineinkommt. Die unteren Wohnungen bleiben oft dunkel und erzielen geringere Preise.

Hinzu kommt, dass es in den vergangenen Jahren speziell in der Innenstadt von Palma von essenzieller Bedeutung ist, ob ein Parkplatz dabei ist oder nicht. Auch ein Haus ohne Aufzug ist laut Mazzoccola schwer an den Mann zu bringen. Das Gebäude sollte einen gepflegten ersten Eindruck machen. Allerdings gehen hier die Vorlieben der Nationalitäten auseinander. „Den Deutschen ist eine gepflegte Ausstrahlung sehr wichtig, ein ordentliches Treppenhaus, am besten ein Gemeinschaftspool", sagt Katzmarcik. Die Schweden sähen das nicht ganz so eng. Sie wollten viel in der Stadt unterwegs sein und Leute treffen.

An die Objekte kommt Mazzoccola vor allem durch Kontakte. „Ich kenne sehr viele Leute, die die alteingesessenen mallorquinischen Familien kennen. Da weiß immer irgendjemand von einem Objekt." Es zahle sich aus, wenn man schon lange auf der Insel lebe.

Die Generation der Erben

Über einen Mangel an Kundschaft oder Partnern können die beiden Immobilienexperten nicht klagen. Es gebe sehr viele Investoren, oft aus Deutschland oder Schweden, die über ein beträchtliches Vermögen verfügen und das Geld nun gewinnbringend anlegen wollten. Das Kapital hätten sie dabei nicht unbedingt selbst erwirtschaftet: In den vergangenen beiden Jahrzehnten seien vor allem in Nord- und Mitteleuropa viele Unternehmen für zwei- oder dreistellige Millionenbeträge verkauft und das Geld danach in der Familie aufgeteilt worden. „Diese Erben-Generation macht auch ein wenig die Preise kaputt, die hat einfach irre viel Geld", sagt Katzmarcik.

Leidiges Thema Lizenzen

Neuinvestoren, die es auf eigene Faust versuchen, begingen dabei auch viele Fehler. Die können anekdotisch sein: „Viele erkennen erst zu spät, dass man beispielsweise in die engen Gassen in der Altstadt nicht mit einem Kran hineinkommt und alles mit Schubkarren bewerkstelligen muss", sagt Katzmarcik. Vor allem aber wird oft unterschätzt, wie langwierig ein solches Renovierungsprojekt auf Mallorca sein kann. Gerade bei Altstadtpalästen könne sich ein Projekt vom ersten Bauantrag bis zum Verkauf locker fünf Jahre hinziehen. „Schon allein die Baugenehmigung kann zwei Jahre dauern", sagt Katzmarcik. Zudem gelte es, bei den Bauarbeiten häufig strenge Denkmalschutzauflagen zu beachten.

Davon weiß auch Michelangelo Mazzoccola zu berichten: „Wenn das Haus unter Denkmalschutz steht, dann muss immer die sogenannte obra mayor beantragt werden. Und diese Lizenzvergabe kann sehr lange dauern." Bei Projektbeginn ist somit nicht immer abschätzbar, ob sich fünf Jahre später die Investition tatsächlich rechnet. Mazzoccola, der von einem 20 bis 30 Prozent höheren „Kosten- und Zeitfaktor als in Deutschland" spricht, kalkuliert pro Investment mit einer Rendite von mindestens 50 Prozent. Wenn die Bauarbeiten statt einem zwei Jahre dauern, seien es dann schnell nur noch 25 Prozent Rendite, weil Geld in einem Projekt gebunden ist, das sonst anderweitig eingesetzt werden könne. Als weitere Risiken kommen externe Faktoren hinzu: „Da müssen im Zuge der Klimadebatte bloß mal die Flugpreise spürbar nach oben gehen, dann macht sich das hier sofort bemerkbar", sagt Katzmarcik.

Typisch spanisches Umfeld

Gute Geschäfte sind nach Ansicht von Mazzoccola inzwischen in der Altstadt von Palma fast nicht mehr möglich. Die Denkmalschutzanforderungen und die Schwierigkeiten bei den Renovierungen limitieren die Möglichkeiten dort stark. „Häufig ist es in der Altstadt schwierig, die modernen Kriterien einer wohnlichen Umgebung zu erfüllen", sagt Mazzoccola. So würden fast alle Investoren und im Schritt danach auch die meisten Kaufinteressenten eine Investition davon abhängig machen, ob die Wohnung einen Balkon oder eine Terrasse hat. „Terrassen oder zumindest die Möglichkeit, bei der Renovierung eine anzubauen, sind das A und O", so Mazzoccola. Das sei aufgrund der Denkmalschutzauflagen in der Altstadt häufig nicht machbar. Auch er hat seinen Radius inzwischen auf die Viertel außerhalb der Altstadt, aber nahe der Avenidas verlegt. „Da ist der Einstiegspreis ein ganz anderer und man kann ohne Probleme etwa auch Solaranlagen auf das Dach bauen." Viele Käufer schätzten auch das typisch spanische Umfeld, das in der Altstadt durch den großen Anteil an ausländischen Investoren nicht mehr gegeben sei.