Wer als Deutscher auf Mallorca lebt und arbeitet, kennt das Problem. Sobald man anderen Landsleuten gegenüber seinen Wohnsitz erwähnt, wird man erst mal gefragt, ob man heute schon am Strand war. Auf Mallorca, so scheint es in vielen Köpfen eingebrannt, kann man nur Urlaub machen. Ernsthaft arbeiten, so das durchaus auch unter Spaniern verbreitete Vorurteil, lässt es sich auf Ferieninseln gar nicht.

Dem spanischen Premier Pedro Sánchez ist es nun ähnlich ergangen. Während seines Urlaubs auf den Kanarischen Inseln wurde er von der Afghanistan-Krise überrascht. Aus einem auf den Kanaren eingerichteten Büro nahm er an Videokonferenzen teil, um die Rückführung von Spaniern und mit Landsleuten kooperierenden Ortskräften zu koordinieren.

Da die Opposition ohnehin kritisiert hatte, dass der Regierungschef seinen Urlaub nicht abgebrochen hatte, sondern von den Kanaren aus arbeitete, sorgte ein modisches Detail dann für Furore in den sozialen Netzwerken. Auf dem von Sánchez per Twitter verschickten Foto von einer Online-Konferenz mit Verteidigungsministerin Margarita Robles und Außenminister José Manuel Albares erscheint er zwar in elegantem Sommeranzug und weißem Hemd, aber an den Füßen trägt er Schuhe, die wahrscheinlich nicht mit aufs Foto sollten. Ein für Mallorca und Katalonien typisches Modell von Alpargatas, die eine Espadrilles-Sohle mit dem Design eines geschlossenen weichen Leder-Mokassins kombinieren. Sehr angesagt und bequem, aber vielleicht der ernsten Situation in Kabul nicht angemessen, wie selbst der Bürgermeister von Madrid, José Luis Martínez-Almeida (PP) auf Twitter kritisierte.

Eine Lanze für den sozialistischen Regierungschef brachen unterdessen mallorquinische Schuhverkäufer, die sofort zu dem Thema interviewt wurden. Aus Sicht der Inselschuster handele es sich nämlich keineswegs um einen Fauxpas, weil man dieses Modell der sogenannten Alpargatas wirklich zu jedem Anlass tragen könne, hieß es einmütig.

Zwar kamen befragte Modeexperten zu dem Schluss, dass Sánchez wahrscheinlich keine auf Mallorca gefertigten Schuhe, sondern ein Modell der katalanischen Unternehmen Castañer oder Toni Pons trug, doch bescheinigte man dem Regierungschef guten Geschmack. „Die Alpargatas werden sogar oft mit dem Hochzeitskleid kombiniert, wenn die Feier auf dem Land oder auf einer Wiese gefeiert wird“, versichert Ana Fernández, Eigentümerin der Schuhhandlung Zapaterías Marítim, die auch die Marke Castañer führt.

Zapatos Monge: Espandrilles-Sohle und Mokassins-Design Toni Pons

Und auch die Schuhmacher selbst ergriffen das Wort und sprangen dem Premier zur Seite. „Es handelt sich um einen sehr universell einsetzbaren Schuh, der auch unter jungen Leuten und Kunden aller Nationalitäten beliebt ist“, erklärt Pedro Monge, der in seiner Schusterei Monge ein nahezu identisches Modell anfertigt. Die Schuhe seien einfach so bequem und durch das „klassische Design so zeitlos“, dass man mit diesen Espadrilles-Mokassins nichts falsch machen könne. Man könne sie sowohl beim informellen Treffen mit Freunden tragen als auch zur eleganten Abendgarderobe. Und ja, auch beim Koordinieren eines Luftwaffeneinsatzes im fernen Afghanistan. /tg