Die Stunden der Café-Tische auf den Parkstreifen sind gezählt. In Palma de Mallorca bleibt ihnen noch eine letzte Woche Schonfrist, dann sind sie wohl Corona-Geschichte. Einige Anwohnerverbände, genervt von der Parkplatzsuche und vereinzelter Ruhestörung, machten schon Druck. Und das Rathaus der Balearen-Hauptstadt legte nun unmissverständlich fest: Am Freitag (1.10.) dürfen kein Tisch, kein Stuhl, kein Sonnenschirm und kein Hocker mehr auf der Straße stehen. Sonst verteilt die Ortspolizei an die jeweiligen Wirte saftige Knöllchen. In Llucmajor gibt man den Gastronomen noch etwas mehr Zeit. Aber bis Jahresende sollen auch hier wieder Autos stehen, wo man jetzt café oder caña trinkt.

Wirklich schade! Denn wir geben es ganz offen zu: Wir hatten es gerade richtig lieb gewonnen, dieses aus der Not geborene kunterbunte Provisorium. Diese zusammengeschusterten Paletten, die hochkant gestellt und teilweise mit Blumenkästen verziert die neue Grenzlinie zwischen Autofahrern und Café-Kunden markierten. Die wahlweise in Sandkübeln oder Beton fixierten Pfosten, deren zwischen ihnen gespannten Seile dem hektischen Straßenverkehr einige Quadratmeter abtrotzten, um sie dem entspannt sitzenden Gast des Lokals zuzuschlagen.

Sie müssen leider weichen, die abgewetzten und mit der Zeit eher an Fußabtreter erinnernden Fetzen Kunstrasen, die zusammen mit Plastikblumen zwar nicht die Natur ersetzen konnten, wohl aber daran erinnern, dass unter jedem Asphalt potenziell fruchtbare Muttererde auf Samen, Sonne, Luft und Regen wartet. Unter dem Pflaster, ja da liegt der Strand. So hieß es in einem Protestlied der deutschen Sponti-Szene. Die Demonstranten dachten vor 50 Jahren wohl nicht an Mallorca. Dafür passen die Gesichtsmasken zur historischen Assoziation. Schließlich würden sie, sollte es hart auf hart kommen und die Bürger ihre ins Herz geschlossenen Corona-Terrassen tatsächlich mit Gewalt gegen die Obrigkeit verteidigen, auch heute gegen das Tränengas der Polizei schützen: Komm reiß auch du ein paar Steine aus dem Sand!, ging der Liedvers weiter.

Im Ernst jetzt: Vielleicht haben sich das Volk und seine Vertreter in den 50 Jahren ja auch weiterentwickelt. Möglicherweise finden wir ja Formen, den positiven Erfahrungen aus der Corona-Krise ihren Raum im Post-Corona-Alltag zu gewähren. In einigen Städten in Andalusien wurde zum Beispiel damit begonnen, den 26. April – jenen Tag also, an dem die spanischen Kinder nach sechswöchigem Corona-Arrest erstmals wieder ins Freie gehen durften – zu einem jährlichen Festtag zu machen, an dem die Kommunen Kinderspiele auf den Straßen und Plätzen organisieren.

Sollte sich nicht auch auf Mallorca eine mutige Kommunalverwaltung finden, die die Parkstreifen - sagen wir an allen Wochenenden und Markttagen - weiterhin den Kaffeetrinkern zuschlägt? Und wie steht es mit dem Corona-Rauchverbot? Wirkte es nicht wirklich anständig, wenn sich die Raucher zum Quarzen ein paar Meter von den übrigen Gästen entfernten? Wir finden: Es gibt Dinge, die waren während der Pandemie nötig, bleiben aber auch in Zukunft wünschenswert. /tg