Nach aufwendigen Ermittlungen hat die Nationalpolizei auf Mallorca eine Bande ausgehoben, der über 150 Straftaten zur Last gelegt werden, darunter auch Raubüberfälle. Der mutmaßliche Anführer, ein 41-jähriger Algerier, soll in seiner Heimat Minderjährige angeworben und deren Überfahrt auf einem der als pateras bekannten kleinen Boote über das Mittelmeer organisiert haben. Als Gegenleistung mussten die Minderjährigen laut der Polizei dann auf Mallorca Straftaten begehen.

Wie die Nationalpolizei am Donnerstag (21.10.) mitteilte, erfolgte der Zugriff am Montag (18.10.) in Pere Garau, dem klassischen Einwandererviertel von Palma de Mallorca. Die Beamten nahmen acht Algerier - sieben im Alter zwischen 20 und 28 Jahren sowie den Kopf der Bande, einen 41-Jährigen - wegen der Zugehörigkeit zu einer kriminellen Bande fest. Der Hauptbeschuldigte wird außerdem verdächtigt, illegale Einwanderung begünstigt sowie Menschenhandel betrieben zu haben.

Besonders brisant ist diese Operation vor dem Hintergrund der hohen Anzahl an Migranten, die in den vergangenen Wochen von Algerien aus auf die Balearen übergesetzt sind. Insbesondere von der rechtsextremen Partei Vox werden diese Menschen oft unter Generalverdacht gestellt, Kriminalität und Unsicherheit auf Mallorca zu begünstigen.

In besetzten Häusern untergekommen

Rund 50 Polizisten von National- und Ortspolizei Palma stürmten am Montag im Rahmen der "Operation Alssariq" das Versteck des 41-Jährigen, nachdem ein Gericht in Palma die Durchsuchung der Wohnung angeordnet hatte. Die Festnahmen fanden in dieser Wohnung sowie in weiteren Apartments in der Nachbarschaft statt. In allen Fällen handelte es sich um besetzte Wohnungen.

An der Ermittlungsarbeit waren verschiedene Einheiten der Nationalpolizei beteiligt, die zu Beginn unabhängig voneinander vorgingen. Die Brigade der Ausländerbehörde versuchte, Informationen zum stark gestiegenen Zustrom an Migranten aus Algerien auf die Balearen zusammenzutragen, die Polizeiwache im Zentrum von Palma war dabei, herauszufinden, wer hinter zahlreichen Diebstählen und teils gewalttätigen Raubzügen steckte, die im Lauf des Jahres 2021 in der Gegend zwischen den Avenidas und dem Viertel La Soledat in Palma stark zugenommen hatten. Beide Ermittlungsstränge führten zu dem 41-jährige Hauptbeschuldigten.

Zunehmend brutal

Die Bande soll bei ihren Diebstählen und Raubzügen von Mal zu Mal brutaler und organisierter zu Werke gegangen sei. Handelte es sich zu Beginn meist um Diebstähle von Handys, E-Rollern, Geldbeuteln oder ähnlichen Wertgegenständen, kamen im Lauf der Zeit Raubüberfälle dazu, bei denen die Bandenmitglieder auch von Stichwaffen oder Sprays Gebrauch machten, um ihre Opfer einzuschüchtern. In einem Fall wurde ein Bestohlener mit einem Hammer geschlagen. Die Gruppe organisierte sich im Lauf des Sommers besser und konzentrierte sich nun darauf, in Kleingruppen an den Stadtstränden von Palma de Mallorca bevorzugt Urlauber zu bestehlen.

Das Vorgehen deutete immer mehr darauf hin, dass es sich nicht um zusammenhanglose Diebstähle handelte, sondern dass eine organisierte Bande hinter den Delikten stand. Die Nationalpolizei konnte im Lauf der Zeit insgesamt 151 Straftaten aufklären und nahm 133 Menschen fest. Viele davon kamen in einem inzwischen stadtbekannten besetzten Haus im Carrer Manacor unter, das nach Beschwerden der Nachbarn aufgrund ständiger Lärmbelästigung und einem Brand inzwischen zugemauert wurde. Die Polizei geht davon aus, dass die tatsächliche Zahl der verübten Straftaten deutlich höher liegt. Das Haus im Carrer Manacor diente offenbar als Basis für die Bande - auch, um Diebesgut zu lagern.

Überfahrten seit 2019

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Die Ermittlungen ergaben, dass der 41-Jährige mutmaßlich bereits seit 2019 mittellose Menschen aus Algerien mit Booten nach Mallorca bringt und dafür entweder Geld verlangte oder zur Bedingung machte, dass die Migranten nach ihrer Ankunft auf der Insel durch Diebstähle und Raubzüge ihre "Schulden" begleichen. Mehrere der größtenteils Minderjährigen hätten aus der Obhut der Jugendheime fliehen müssen, in die sie bei ihrer Ankunft auf der Insel eingewiesen worden waren.

Bereits vor dem Zugriff am Montag konnte die Nationalpolizei vor einiger Zeit vier Mitglieder und Handlanger der Bande festnehmen. Weitere Festnahmen sind nicht ausgeschlossen.