Der Vorfall auf dem Flughafen Mallorca in der Nacht von Freitag (5.11.) auf Samstag bietet fast schon Stoff für einen Hollywoodfilm. Passagiere eines Fliegers von Marokko in die Türkei haben anscheinend eine Notlandung erzwungen, um illegal in Spanien einreisen zu können. Der Flugbetrieb war stundenlang eingestellt. Die Polizei hat bislang die Hälfte der geflohenen Passagiere wieder aufgreifen können. "Wir haben bislang keine Beweise dafür, dass es sich um eine geplante Aktion gehandelt hat", sagte die Delegierte der Zentralregierung auf den Balearen, Aina Calvo, bei einer Pressekonferenz. Ausschließen wollte sie dies aber auch nicht.

Gegen 19 Uhr geht auf dem Flughafen von Palma de Mallorca der Notruf ein, dass die Air Arabia Maroc-Maschine von Casablanca nach Istanbul notlanden muss. Einem Passagier mit Diabetes ginge es schlecht. Das Flugzeug landet auf der nördlichen Landebahn. Eine Rolltreppe fährt zum Flugzeug, das nicht an einer Gangway geparkt ist, sondern an einer Stelle, wo die Passagiere mit dem Bus zum Terminal befördert werden müssten.

Ein Krankenwagen kommt. Die Polizei - zuständig ist hier die Guardia Civil - ist zu diesem Zeitpunkt nicht vor Ort. Der Rettungsdienst untersucht kurz den 32-jährigen Passagier, der erkrankt sein soll. Schon zu diesem Zeitpunkt wird es chaotisch im Flugzeug. Eine große Anzahl an Passagieren drängt zum Ausgang. Die Crew und die Rettungskräfte können das ungeplante Aussteigen in diesem Moment wohl noch verhindern. "Geht zurück, lasst uns unsere Arbeit machen", rufen sie den Passagieren zu.

Nachdem die Polizei die Personalien aufgenommen hat, wird der Erkrankte mit einem Begleiter ins Krankenhaus Son Llàtzer gebracht. Das Flugzeug bleibt anscheinend ohne Aufsicht der Polizei oder Sicherheitskräfte zurück. Die Rolltreppe ist wohl weiter am Flieger installiert, sodass nach Angaben der Policía Nacional 21 Personen aussteigen konnten.

Gegen 20.20 Uhr wird der Flugbetrieb eingestellt, da Personen auf dem Flughafengelände herumlaufen. Bis etwa Mitternacht gibt es keine Ankünfte noch Abflüge. 27 Landungen und 20 Starts sind von der Schließung betroffen. Ankommende Maschinen müssen auf die Flughäfen von Barcelona, Ibiza, Menorca, Madrid und Valencia umgeleitet werden. Dazu gehören auch zwei Flieger aus Berlin, die wegen einer fehlerhaften Feuermeldung am Flughafen Berlin Brandenburg bereits mit mehreren Stunden Verspätung gestartet waren. Das eine Flugzeug muss nach Valencia umgeleitet werden, das andere nach Ibiza. An Bord der Ibiza-Maschine ist auch der Schauspieler Peer Kusmagk, der kürzlich nach Mallorca ausgewandert ist. "Kann das alles nicht fassen. Unser Leben ist gerade wie ein Film", schreibt seine Frau Janni in den sozialen Netzwerken.

Um 2.20 Uhr startet die Air Arabia Maroc-Maschine wieder gen Istanbul. 24 Personen, alles erwachsene Männer, fehlen: Neben den 21 Geflohenen und zwei Männern im Krankenhaus hatte ein weiterer Passagier sich nach dem Chaos im Flugzeug mit der Guardia Civil angelegt. Er soll einen Polizisten geschlagen haben und wird festgenommen. Stand Samstagmittag (6.11.) haben Guardia Civil und Policía Nacional zwölf der ausgestiegenen Personen aufgreifen können. Der Aufenthaltsort der anderen zwölf Passagiere ist noch unbekannt.

"Mit den geflohenen Passagieren wird genauso verfahren wie mit den Migranten, die in Booten die Insel erreichen", sagt ein Sprecher der Policía Nacional der MZ. Ein gesondertes Verfahren erhält der Erkrankte. Gegen ihn besteht Verdacht auf Begünstigung illegaler Einwanderung und des Verstoßes gegen das spanische Ausländergesetz. Als er im Krankenhaus eintraf, war er auf wundersame Weise gesund und sagte den Ärzten, dass ihm nichts fehlte. Seine Begleitung ist kurz nach der Ankunft im Krankenhaus verschwunden.

Seit Samstag (6.11.) läuft der Betrieb auf dem Flughafen Mallorca wieder regulär. "Der Vorfall von gestern darf sich nicht wiederholen", meldet sich die balearische Ministerpräsidentin Francina Armengol am Samstag zu Wort. "Alle Behörden müssen ihre Notfallprotokolle überarbeiten, um solche Geschehnisse zu verhindern." Calvo antwortet darauf, dass sich alle an das Notfallprotokoll gehalten hätten, dieses aber noch einmal geprüft wird.

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Dieser Artikel erschien erstmals am 6.11.2021.