Im Meer vor Mallorca sind am Dienstag (4.1.) vier weitere Boote mit Migranten aufgebracht worden, die von Algerien aus in See gestochen waren. Zwei von ihnen vor der Insel Cabrera, eines vor Portocolom in der mallorquinischen Gemeinde Felanitx und eines vor Formentera. Mit diesen vier Gefährten sind es seit dem 31. Dezember 17 dieser auf Spanisch "pateras" genannten Nussschalen, die es bis auf Mallorca und die Nachbarinseln schafften.

Die Migrationsroute über die Balearen ist im vergangenen Jahr von Schlepperbanden deutlich ausgebaut worden, immer wieder verlieren Menschen bei der gefährlichen Überfahrt ihr Leben. Das gilt auch - noch viel ausgeprägter - für die Routen, die von Westafrika über die Kanaren nach Spanien führen. Insgesamt sind den Zahlen einer spanischen Hilfsorganisation zufolge vergangenes Jahr mehr als 4.400 Menschen bei einer dieser Überfahrten gestorben.

Vor Cabrera und Portocolom

Die beiden Boote am Dienstag waren von dem Küstenüberwachungssystem SIVE gemeldet worden. Zunächst retteten die Küstenwache und die Seenotrettung der Guardia Civil um 10.15 Uhr am Morgen 18 Menschen von einem Boot in den Gewässern des Nationalparks Cabrera.

Knapp zwei Stunden später brachten die Beamten ein weiteres Boot vor Portocolom auf. An Bord waren 11 Personen. Sie alle sollten im Laufe des Tages nach Palma gebracht werden, wo sich das Rote Kreuz um die Erstversorgung kümmert und die Polizei die Personalien aufnimmt. Von dort werden die Migranten in maximal 72 Stunden mit einem Abschiebebescheid gewöhnlich aufs Festland überstellt.

Verstärkt aus Ländern südlich der Sahara

In beiden Booten waren nur Männer an Bord. Die Migranten, die die gefährliche Überfahrt wagen, sind zumeist junge Algerier. Allerdings sind in den vergangenen Wochen verstärkt auch Menschen aus den Ländern südlich der Sahara hinzugekommen. Das könnte darauf hinweisen, dass sich diese Migrationsroute immer weiter etabliert. Insgesamt sind Im Laufe von 2021 laut den Zahlen der Zentralregierung 2.401 Personen in 164 Booten auf diesem Weg auf die Balearen gelangt.

So viele Todesopfer wie noch nie

Nicht mitgerechnet sind jene Menschen und Boote, die auf der Überfahrt verunglückten. Mehr als 4.400 Migranten sind nach Angaben einer angesehenen spanischen Hilfsorganisation im vergangenen Jahr bei dem Versuch gestorben, Spanien auf dem Seeweg zu erreichen. Die Zahl habe sich im Vergleich zu 2020 verdoppelt - damals seien 2170 Migranten gestorben, teilte das in Afrika sehr gut vernetzte Hilfswerk "Caminando Fronteras" am Montag mit. So viele Todesopfer wie 2021 habe es noch nie gegeben. Allein auf der Route von Westafrika zu den Kanaren seien im Atlantik 4016 Menschen ums Leben gekommen, hieß es.

Die Zahl der spanischen Organisation liegt etwa dreieinhalb Mal so hoch wie jene der UN-Organisation für Migration (IOM). "Caminando Fronteras" erklärte dazu, die Aktivisten der Organisation hätten direkten Kontakt zu Überlebenden von Bootsuntergängen und zu den Familien der Migranten in Afrika. Daten aus Primärquellen würden in allen Fällen mit Informationen von Migrantengemeinschaften, von amtlichen Stellen sowie von sozialen Organisationen abgeglichen. Die IOM räumt zudem auf ihrer Homepage ein: "Da tödliche Unfälle oft erst Wochen oder Monate später registriert werden, dürfte die endgültige Zahl der Todesopfer 2021 noch viel höher liegen."

"Caminando Fronteras" weist darauf hin, dass es sich bei den 4404 Opfern um 4.175 bestätigte Todesfälle sowie um 229 Migranten handele, die Monate nach dem Beginn eines Migrationsversuchs verschwunden und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tot seien. Unter den Opfern seien der eigenen Erfassung zufolge 628 Frauen und 205 Kinder. (mit dpa)