Als die Rollläden im Carrer Francisco Martí Mora, 46, in Palmas Stadtteil Es Fortí mit einem lauten Scheppern hochgehen, erkennt man sofort: Hier entsteht etwas für Kinder. Feen und Schmetterling huschen über die Wände, Mickey Mouse und Harry Potter winken. „Bis jetzt waren hier acht Künstler am Werk“, erklärt Ascen Maestre, Gründerin der Hilfsorganisation SOS Mamás Baleares. Die beim MZ-Besuch noch unfertigen Räume sind ihr neuestes Projekt: „Conhort“ wird ein comedor – eine Tafel – speziell für Kinder und soll gleichzeitig die Generationen zusammenführen.

Umfassende Hilfe

2011 hatte Ascen Maestre, die Krankenschwester ist und auch eine Ausbildung als Informatikerin hat, SOS Mamás gegründet – einen Monat nur nach ihrer fünften Operation am Herzen, dem vierten Bypass und der Diagnose von nur noch fünf weiteren Jahren Leben. Das war vor über zehn Jahren. Nachdem die Initiative 2013 legal ihre Arbeit aufnehmen konnte, nahm das Hilfsprojekt an Fahrt auf. Maestre holte ehrenamtlich tätige Sozialarbeiter und Therapeuten ins Boot – SOS Mamás bietet neben dem Überlebensnotwendigen auch therapeutische Unterstützung bei Gewalt und Misshandlung von Frauen und Kindern.

Die Zahl der freiwilligen Helfer und Helferinnen wächst beständig, 208 sind es mittlerweile, darunter viele Deutsche, wie Maestre betont. „Die Deutschen sind die solidarischsten von allen, die hier sind.“ Leider wachse aber auch die Anzahl der Menschen, die auf die Hilfe von SOS Mamás angewiesen sind: „Zu Beginn der Pandemie waren es 4.000, jetzt sind es 12.000, Tendenz steigend“, so die 56-Jährige. Neben fünf Einrichtungen für Essens- und Kleiderausgaben in Palma gibt es noch einen Anlaufpunkt in Calvià. In Son Servera musste die Versorgung wegen Geldmangel wieder eingestellt werden, soll aber bald wieder starten.

Erst Essen, dann sich begegnen

Doch im Vordergrund steht jetzt erst einmal das neue Projekt: Conhort ist Mallorquinisch und bedeutet so viel wie „nur Mut“, im Spanischen sagt man ánimo. Vorbild des Projektes ist das deutsche Kinder- und Jugendhilfswerk "Die Arche". „Eltern sollen hier die Kinder begleiten und nicht umgekehrt“, erklärt Maestre. Möglich wurde die Anmietung der Räume nach dem Fernsehbeitrag „Arm auf Mallorca. Urlaubsinsel in Corona-Not“, der vergangenen März auf Arte ausgestrahlt wurde. „Die Spendenbereitschaft war daraufhin unglaublich“, so Maestre. Im Conhort soll auch gekocht werden, Lebensmittelspenden kommen unter anderem von Lidl und Müller. Gerade verhandelt die Mallorquinerin aus Sa Cabaneta über eine Industrieküche, 6.000 Euro werden dafür gebraucht.

Wie schafft sie das alles? Ihr großes Herz scheint ihr diese Kraft zu geben, auch wenn es sie zwingt, sich öfters mal hinzusetzen. Und nichts würde gehen ohne Satu Cantero, die rechte Hand und der „Mann für alle Fälle“ an ihrer Seite. Unentbehrlich ist auch Xisco Barceló, Vize-Präsident von SOS Mamás und freier Journalist, der wertvolle Kontakte knüpft. Und dann sind da die vielen ehrenamtlichen Helfer: Auch Köche stehen schon in den Startlöchern, darunter Maestres Cousin Pepé, der Fernsehkoch ist und die Stiftung mitgegründet hat. Solange die Pandemie noch anhält, soll im Conhort eine reine Essensausgabe mit Tupperschüsseln erfolgen, bald aber sollen die kleinen Gäste Platz nehmen, insgesamt werden 49 Plätze eingerichtet. Die Eltern können mitkommen und dürfen auch bleiben oder die Kinder später wieder abholen.

„Die Essensausgabe wird bis 16 Uhr geöffnet sein, danach wollen wir alte und junge Menschen zusammenbringen“, führt Ascen Maestre ihr Projekt aus. Einer der Räume soll auch älteren Menschen zur Verfügung stehen, die in dem Viertel keine Anlaufstelle mehr haben. Die Idee: einen sozialen Treffpunkt für die Generationen einzurichten, in dem sich Kinder und Senioren über gemeinsame Aktivitäten wie nähen, Geschichten erzählen oder Spiele annähern. Oder auch mal eine gemeinsame Haarschneide-Aktion – die Friseurinitiative für sozial Schwache, die Barber Angels, zählt zu den Partnern von SOS Mamás.

Raum für Kunst

Und auch Künstler und Kulturschaffende sollen hier Entfaltungsmöglichkeiten bekommen: für kleinere und unentgeltliche kulturelle Events. Platz ist tatsächlich vorhanden, drei große Räume verteilen sich im Conhort auf knapp 500 Quadratmeter.

Das könnte Sie interessieren:

Einige Künstler haben sich durch die Wandgemälde schon ehrenamtlich verewigt, unter ihnen África Juan, Sandra Renzi, Alberto Maté, Jorge Paredes, Pilar García sowie Miquel Martorell. Jaime Roig de Diego hat ein weiteres Wandbild angekündigt. Ascen Maestre und ihr Team hoffen, dass bereits Ende Februar oder Anfang März eröffnet werden kann, und zwar montags bis samstags ab 10 Uhr. Nur sonntags bleibt Conhort geschlossen. „Aber am Samstag kann dann Essen für den Sonntag mitgenommen werden.“

Hilfe für SOS Mamás:

Wer helfen möchte, ist herzlich willkommen. Zum einen mit Sachspenden: Besonders werden Kleidung, Lebensmittel, speziell Babynahrung, Windeln, Hygieneartikel wie Binden und Klopapier, aber auch Spielzeug und Möbel wie Kinderbetten benötigt. Hier können die Spenden in Palma abgegeben werden: Carrer de Tomàs Rul·làn, 65; Carrer General Riera, 79, oder Carrer de Rosselló i Cazador, 16. Zum anderen freut sich die Initiative über tatkräftige Hilfe in Form von sozialem Engagement oder finanzieller Unterstützung.