Wer viel mit Mallorquinern zu tun hat, dem wird es schon aufgefallen sein: Gefühlt gibt es zahlreiche Insulaner, die auf denselben Nachnamen hören. Auf Mallorca wimmelt es nur so von Munars, Ferrers und Rossellós. Auch an Amenguals, Adrovers und Mascarós mangelt es nicht. Dabei war das Repertoire typischer Inselnachnamen einst groß. 1.932 Nachnamen hat Sprachwissenschaftler Gabriel Bibiloni in einem jetzt veröffentlichten Buch aufgeführt – aber nur noch rund 750 davon sind tatsächlich noch im Umlauf. „Etwa 60 Prozent sind zwischen dem Ende des 14. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts verloren gegangen“, so der Linguist der Balearen-Universität.

Bibilonis Leidenschaft ist, in die Geschichte der hiesigen Sprache einzutauchen – und für deren Erhalt zu kämpfen. „Els cognoms de les Illes Balears“(Die Nachnamen der Balearen, Nova Editorial Moll, 42 Euro) heißt der Band, in dem er zahlreiche Namen aufführt, die heute keinem mehr geläufig sind, die aber einst die Inselgesellschaft prägten. Zumindest, seit Jaume I. im 13. Jahrhundert das Eiland von den Mauren eroberte. Kein Wunder also, dass eine überwiegende Mehrheit der Inselnamen katalanischen Ursprungs ist. Und darunter beziehen sich viele auf Ortsnamen. Auch seien einige der heute gebräuchlichen Nachnamen früher einmal Spitznamen gewesen, die irgendwann auch den Weg auf die offiziellen Ausweise der Menschen fanden. Nur eine sehr geringe Anzahl der typisch balearischen Namen sei tatsächlich losgelöst von den katalanischen Eroberern, darunter die Namen Binimelis, Bunyola, Caimari, Colombars, Deià, Femenia, Femenies oder Mesquida – sie alle beziehen sich auf Orte der Insel.

„Der Prozess, dass die Namen verloren gingen, begann vor allem mit der Immigration vom Festland im 20. Jahrhundert und wurde durch die spätere Zuwanderung anderer Nationalitäten verstärkt“, so Bibiloni. Klar: Auch die zahlreichen festlandspanischen Nachnamen wie Méndez, García, Hernández, Sánchez und Co. sind heute auf der Insel verbreitet. Und mit Nachnamen sei es nun einmal so eine Sache. Unterm Strich gehe bei jeder zweiten Nachwuchsgeneration ein Nachname verloren, meist der mütterlicherseits und manchmal für immer.

Auch aktuell seien mehrere Nachnamen akut vom Aussterben bedroht. Valleriola zum Beispiel. Ab dem 17. Jahrhundert, so Bibiloni, waren die Träger dieses Nachnamens als xuetes, also Nachfahren zwangskonvertierter Juden bekannt. Andere typische Nachnamen existierten derzeit nur noch in einer einzigen Familie und dürften nur mit Glück überleben.

Und Bibilonis Sammlung offenbart noch mehr: Auf der langen Liste balearischer Nachnamen korrigiert er geläufige mallorquinische Nachnamen, die laut der geltenden katalanischen Rechtschreibung eigentlich anders geschrieben werden müssten. „Es heißt korrekterweise Ermengol, nicht Armengol. Cledera statt Cladera. Bastard, nicht Bestard und Proenç, nicht Prohens“, erklärt Bibiloni am Beispiel von Politiker-Namen. Er betont: „Man kann eine offizielle Änderung der Schreibweise seines Namens zur Anpassung an die katalanische Orthografie beantragen. Jeder hat das Recht dazu.“ Ob viele dieses in Anspruch nehmen würden, sei allerdings fraglich. Zum einen, weil der Nachname etwas Persönliches sei und viele sich wohl nur ungern anders schreiben lassen wollen als ihre Verwandten. Zum anderen, weil so manche Änderung auch Nachteile mit sich bringen könnten. Beispiel: Bastard ...

Übrigens: Dass auf Mallorca stets zwei Nachnamen verwendet werden, ist keineswegs schon immer so gewesen. Tatsächlich war in den katalanischsprachigen Regionen lange Zeit nur ein Nachname gebräuchlich. „Erst ab 1820 gaben die spanischen Behörden die Anweisung für die flächendeckende Einführung der doppelten Nachnamen“, so Bibiloni. Eine Regelung, die es europaweit nur in Spanien und Portugal gibt. Und die einen der beiden Nachnamen zumindest eine Generation länger erhält als in Deutschland.