Eigentlich, so war zumindest der Plan, sollte vor dem balearischen Oberlandesgericht der Fall eines mutmaßlich korruptes Netzwerks mit dem Unternehmer Bartolomé Cursach an der Spitze und 14 beteiligten Ortspolizisten verhandelt werden. Doch an den ersten sechs Tagen des Prozesses, der seit Mitte Juni läuft, wurde noch überhaupt nicht über die Korruption gesprochen, die über Jahre an der Playa de Palma gang und gäbe gewesen sein soll. Stattdessen ging es vor allem um den früheren Richter Manuel Penalva und den früheren Staatsanwalt Miguel Ángel Subirán.

Nach Freisprüchen direkt am ersten Verhandlungstag für sechs Angeklagte – darunter drei enge Vertraute von Cursach und die frühere Tourismus-Generaldirektorin Pilar Carbonell – fuhren die Verteidiger der weiteren Angeklagten scharfes Geschütz auf. Die Ermittlungsmethoden von Penalva, Subirán sowie der Geldwäsche-Einheit der Nationalpolizei seien „nichts wert“. Es sei eine „Zeit des Terrors“ gewesen, die Ermittler hätten „mit Gewalt und Einschüchterung“ gearbeitet, „es gab keinen unabhängigen Ermittlungsrichter“. „Wir sollten gar nicht hier sein“, fasste einer der Anwälte die Position der Verteidigung zusammen.

Zeugen seien "genötigt und manipuliert" worden

Es sei ohnehin alles erfunden: das angebliche Netzwerk, auch die Zeugenaussagen. Diese seien beschafft worden, um die Lügen aufrechtzuerhalten. Die Zeugen seien „genötigt, manipuliert und angeleitet“ worden, weshalb der Prozess nicht mehr zu retten sei. Da die Frage, ob das Verfahren nach den Anhörungen fortgeführt wird, noch nicht entschieden ist, bestellten die Richterinnen die noch übrig gebliebenen 17 Angeklagten sowie ihre Verteidiger in dieser Woche am Montag und Mittwoch wieder in den Gerichtssaal ein.

Am Mittwoch (22.6.) kamen die Richterinnen überein, dass Penalva und Subirán nicht aussagen müssen, entgegen der Forderungen der Nebenklage. Das habe keinerlei Nutzen, hieß es. Es könnte im Gegenteil „schwerwiegende Nachteile“ für beide zur Folge haben, da sie ja selbst in dem Fall Beschuldigte sind.

Prozess erst einmal unterbrochen

Auch für die Staatsanwälte Juan Carrau und Tomás Herranz ist der Prozess alles andere als ein Spaziergang. Selten befanden sich Staatsanwälte wohl in einer derart unbequemen Situation. Schließlich unterzeichnete Carrau im Jahr 2018 die erste Anklageschrift gemeinsam mit dem nun unter Druck geratenen Subirán. Damals hatten die beiden 8,5 Jahre Haft für Cursach gefordert, er sei Kopf einer kriminellen Bande, die Polizisten und Beamte bestochen habe. Zehn Tage vor Prozessbeginn stutzte Carrau dann selbst die Anklage. Nicht mehr die Rede war nun von Bestechung und Korruption, die Haftforderung schrumpfte von 8,5 auf 1,5 Jahre. Und auch Herranz scheint an der Schuld von Cursach zu zweifeln. Nach Prozessbeginn ließen die Staatsanwälte eine weitere Anklage fallen, diesmal gegen den ehemaligen Chef der Ortspolizei Palma, Joan Miquel Mut.

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Und dann sind da noch vier Anwälte von Unternehmern aus dem Nachtleben in Calvià, die sich als Opfer von Cursach betrachten. Sie fordern bis zu 40 Jahre Haft für den Magnaten, werden von der Gegenseite aber beständig disqualiziert. Einer der Anwälte legte Dutzende von Audio-Aufzeichnungen vor, in denen Subirán mit Zeugen spricht und mit denen belegt werden soll, dass der Staatsanwalt niemanden genötigt habe. Der Anwalt sprach von „Unregelmäßigkeiten“, die zugunsten von Cursach begangen worden seien, und forderte deswegen, wieder in die Phase der Ermittlungen zurückzugehen.

Nach den ersten sechs Verhandlungstagen unterbrachen die Richterinnen den Prozess, um die eingegangenen Anträge, unter anderem auf Prozessabbruch, zu prüfen. Weitergehen dürfte es erst in ein paar Wochen.