Die Schlagzeilen mehren sich, dass Mallorca ein heftiges Unwetter droht, da das Mittelmeer wärmer als üblich ist. Selbst in Regierungskreisen macht man sich Sorgen und überlegt schon, ob der Urlaub Ende August beibehalten werden kann. Wenn es zur sogenannten gota fría, dem Kaltlufttropfen, kommt, dann drohen sintflutartige Regenfälle, golfballgroßer Hagel und Gewitter. "Aber es kann auch sein, dass gar nichts passiert. Es ist komplett unvorhersehbar", sagt MZ-Wetterexperte Duncan Wingen. "Schließlich ist erst eine von zwei Zutaten vorhanden."

Was ist die gota fría?

Die gota fría entsteht, wenn warme Luftmassen aufsteigen und auf kalte Luftmassen in der Atmosphäre treffen. Dadurch bilden sich Gewitterwolken. "Das Phänomen existiert auf Mallorca von September bis Mai", sagt Wingen. Im Sommer erreicht keine Kaltluftfront die Insel. "Das ist dann wie Zunder ohne Funken."

Zum Ende des Sommers erhöht sich die Wahrscheinlichkeit. Die Lufttemperaturen sinken, das Meer bleibt weiter warm. Die Luftmassen in Meeresnähe nehmen die Wärme auf. "Je wärmer die Luft ist, umso mehr Feuchtigkeit nimmt sie auf", sagt Wingen. Und je mehr Feuchtigkeit, desto mehr potenzielle Energie hätte die Gewitterwolke. Das zeigt auch eine von Wingen erstellte Statistik über die Anzahl der Wetterphänomene in den vergangenen Jahren:

Statistik Tornados Duncan Wingen Mallorca.

Wann kommt die Kaltluftfront?

Die Frage ist also, wann und ob die Kaltluftfront kommt. "Das kann keiner genau sagen. Solche Prognosen lassen sich etwa eine Woche bis zehn Tage vorher erstellen", sagt Wingen. Der spanische Wetterdienst Aemet stimmt dem zu. "Derzeit liegen uns keine Daten vor. Und selbst wenn es soweit ist, muss es nicht zum Gewitter kommen. Es kann sein, dass die Kaltluftfront in der Höhe schwebt und weiter unten die warmen Luftmassen. Wenn es nicht zum Kontakt kommt, passiert nichts", sagt eine Sprecherin, die auch auf das Jahr 2003 verweist. "Damals war das Meer ebenfalls extrem warm, aber es kam zu kaum Unwettern."

Derzeit liegen die Wassertemperaturen rund um die Insel bei 28 bis knapp 30 Grad. "Im Vergleich der vergangenen 30 Jahre sind das drei bis fünf Grad über dem Durchschnitt", sagt Wingen. Wobei die Spitzentemperaturen der vergangenen Jahre noch nicht erreicht wurden:

Wassertemperatur Dragonera.

Sollte es zur gota fría kommen, kann diese heftig ausfallen. "Neben den starken Regenfällen und Hagelkörnern von mehr als zwei Zentimetern Durchmesser kann es zu Downbursts und Tornados kommen", sagt Wingen. Bei den Downbursts handelt es sich um Fallböen. Die Luftmassen strömen von der Wolke abwärts zur Erde und suchen sich danach ihren Weg wie ein Wasserstrahl, der auf den Boden auftrifft. "Sie sind an linearen Windbewegungen zu erkennen. Ein Tornado hat hingegen die typischen wirbelnden Windbewegungen", sagt Wingen. In Sachen Geschwindigkeiten nehmen sich beide nicht viel. Bis zu 190 km/h sind möglich.