Tim V. ist nur 20 Jahre alt geworden. In der Nacht von Samstag (8.10.) auf Sonntag starb der deutsche Mallorca-Urlauber auf der Autobahn Llucmajor-Palma (Ma-19) kurz hinter der Einfahrt 11. Im Bericht der Guardia Civil heißt es, der junge Mann habe gegen 22.30 Uhr auf der Fahrbahn gelegen und sei von einem Auto überrollt worden. Die Fahrerin eines Renault hatte keine Chance auszuweichen und überfuhr den Mann, der noch an Ort und Stelle starb. Er war lediglich mit Badehose und Schlappen bekleidet. Warum der Urlauber aus der nordhessischen Gemeinde Guxhagen nahe Kassel an dieser Stelle auf der Autobahn lag, ist bislang unklar. Bei der Guardia Civil geht man davon aus, dass der junge Mann alkoholisiert war, bestätigt war das bis Montagnachmittag (10.10.) aber noch nicht.

Es ist nicht das erste Mal, dass es an dieser Stelle zu einem solchen Unglück gekommen ist. Immer wieder werden zumeist junge Urlauber, die stark alkoholisiert sind, an der Aus- und Einfahrt Nummer 11 von Autos erfasst und kommen dabei ums Leben. Fast auf den Tag genau vor sieben Jahren starb ein 23-jähriger Deutscher. In den beiden Jahren zuvor kamen auf der Autobahn rund um die Playa de Palma vier weitere deutsche Urlauber um, die beim Überqueren der Fahrbahn überrollt wurden.

Hinweis der Redaktion: Inzwischen weiß man, dass zumindest der Tod des 20-jährigen Tim V. kein Unfall war. Lesen Sie hier den Artikel vom 27. Oktober 2023.

Auf Spurensuche

Die MZ hat sich am Montagnachmittag (10.10.) vor Ort umgeschaut. Es fällt direkt auf, dass die Autobahn im Bereich der Ein- und Ausfahrt 11 keine Straßenlaternen aufweist. Nachts ist es auf der Fahrbahn stockdunkel. Wenige hundert Meter weiter, an der Anschlussstelle 12, stehen Lampen am Straßenrand, genauso wie an der Landstraße zwischen der Playa de Palma und Es Pil·larí, die über die Autobahn führt und von der die Ein- und Ausfahrten abzweigen. Im Gegensatz zur Ein- und Ausfahrt 11 sind die meisten Autobahn-Anschlussstellen auf Mallorca beleuchtet.

Vor Ort wird klar, dass es sich um eine Stelle mit Tücken handelt. Selbst tagsüber bei Sonnenschein und guter Sicht. Von der Playa de Palma kommend führt ein Fußgängerweg an der Landstraße entlang, im Kreisverkehr - zu Beginn der Einfahrt auf die Autobahn in Richtung Llucmajor - gibt es Zebrastreifen für die Fußgänger, die damit an einer Stelle über die Fahrbahn laufen, an der die meisten Autos beschleunigen, um auf die Autobahn aufzufahren. Der Weg geht dann weiter auf der Brücke über die Autobahn und quert am Ende der Brücke per Zebrastreifen die Landstraße.

Eine unübersichtliche und gefährliche Stelle

Von dort aus führt der Weg weiter per Zebrastreifen über die Einfahrt in Richtung Palma, um daraufhin ein paar Meter parallel zur Einfahrt zu verlaufen. Dann biegt der Weg nach rechts ins Dorf Es Pil·larí ab. Es ist allerdings problemlos möglich, hier geradeaus weiterzulaufen - direkt auf die Autobahn. Kein Warnschild, kein Gitter oder sonstige Sperre weist auf die Gefahr hin. Und wenn es dann dunkel ist, der Fußgänger nicht ortskundig und vielleicht noch stark alkoholisiert, wundert es nicht, dass es hier zu Unfällen kommt.

Tödliche Unfälle an dieser Stelle:

  • 3. September 2010: Ein 59-jähriger Deutscher wird auf Höhe von Kilometer 11,6 von einem Auto überfahren
  • 10. April 2012: Ein 22-jähriger Deutscher wird auf Höhe von Kilometer 11,4 von einem Auto überrollt
  • 29. Juni 2013: Ein 23-jähriger Deutscher wird auf Höhe von Kilometer 11 von vier Auto überfahren
  • 9. Oktober 2015: Ein 23-jähriger Deutscher wird zwischen den Kilometern 11 und 12 von einem Auto überrollt

Wenige Meter weiter, in Es Pil·larí, setzt ein älterer Mann seinen Enkel ins Auto. Er habe von dem Unfall gehört, berichtet er. Warum der junge Mann, der wohl von der Partymeile am Strand kam, bis Es Pil·larí gelaufen war, weiß der Anwohner nicht. Er hat aber eine Vermutung: "Es gibt hier im Ort ein AirBnB-Quartier, vielleicht war er dort untergebracht und war nach dem Feiern auf dem Heimweg", sagt der Mann. Es falle ihm immer wieder auf, dass deutsche Urlauber nachts auf der Landstraße zwischen Es Pil·larí und der Playa de Palma unterwegs seien, weil sie in dem kleinen Ort eine Unterkunft angemietet hätten.

Diese These kann allerdings mittlerweile ausgeschlossen werden. Nach MZ-Informationen war der junge Hesse gemeinsam mit einem Freund in einem Hotel in Cala Ratjada an der Ostküste abgestiegen - rund 60 Kilometer vom Unfallort entfernt. Für diesen Tag hatten beide einen Ausflug an den Ballermann geplant, im Lauf der Nacht verloren sie sich aus den Augen.

In Es Pil·larí gibt es Ferienunterkünfte

In der nahegelegenen Bar "La Ponderosa" hat man auch vom Unfall gehört. Der junge Mann hinter der Theke war Samstagnacht an der Unfallstelle vorbeigekommen. "Der Unfall ist nicht mehr auf der Einfahrt, sondern mitten auf der Autobahn passiert", berichtet er. Sonst könne er aber nicht viel mehr dazu sagen. Ein paar Männer, die bei einem Bier zusammensitzen, bedauern das Geschehene. "Es ist schrecklich, und es kommt immer wieder vor", sagt einer von ihnen. Die Männer berichten von mehreren Ferienhäusern, die in Es Pil·larí an Urlauber vermietet werden. "Es ist gut möglich, dass der junge Mann hier untergebracht war." Ein anderer vermutet, dass der Deutsche sich von der Playa de Palma auf die Autobahn verirrt hat, als er sein Hotel suchte.

Die Autobahn ist allerdings an dieser Stelle einen guten Kilometer von der Partymeile entfernt. Auf dem Weg gibt es keine Hotels und auch sonst keine lohnenden Ziele für Urlauber. Einen Drogenverkaufspunkt schließen alle Befragten in Es Pil·larí aus. "Wenn es das gäbe, wüssten wir davon", sagen alle einstimmig. Auch Prostituierte stünden hier nachts nicht an der Straße.

Was wollte Tim V. dann auf der Autobahn? Die Polizei erklärt sich die Unglücksfälle für gewöhnlich mit Alkohol- oder Drogenkonsum und ebenfalls damit, dass sich die Urlauber bei der Suche nach ihrem Hotel verlaufen und auf die Autobahn geraten. Nach dem Unfall im Oktober 2015 forderte die Verkehrsabteilung der Guardia Civil dann, dass dieser besonders unfallträchtige Abschnitt der Autobahn beleuchtet werden soll. So könnten Autofahrer schneller reagieren, wenn Fußgänger auf der Fahrbahn unterwegs sind. Entscheiden muss darüber allerdings der Inselrat, der für die Straßen auf Mallorca verantwortlich ist. Der ist seither nicht aktiv geworden.