Den Reportern war an jenem kalten Novembermorgen klar, dass sie dieser Fall lange begleiten würde. Sie standen vor der großen Finca und beobachteten betroffen, wie drei Särge rausgetragen wurden. In einem davon lag ein nur achtjähriger Junge, der kaltblütig hingerichtet worden war. Mit zwei gezielten Schüssen in den Hinterkopf. Der Mord am „Bierkönig“ Manfred Meisel, seinem kleinen Sohn Patrick und seiner Angestellten Claudia Leisten in den frühen Morgenstunden des 12. Novembers 1997 gilt als einer der spektakulärsten Kriminalfälle Mallorcas – und ist auch noch 25 Jahre später ungeklärt.

Das wussten die Reporter an diesem wolkigen Morgen noch nicht, während sie sich die Füße platt traten und versuchten, möglichst viele Informationen zu sammeln. Der Mord war ein Schock für die Inselgesellschaft, daran erinnern sich Zeitzeugen bis heute. Am Tag darauf füllte die Geschichte das Titelblatt der MZ-Schwesterzeitung „Diario de Mallorca“ und acht weitere Seiten. Es ging darin um den Geschäftsmann Meisel, der ein unauffälliger Nachbar gewesen sein soll, ein harter Arbeitgeber, ein begeisterter Vogelsammler. Und natürlich um den Mord selbst.

Titelblatt der MZ-Schwesterzeitung "Diario de Mallorca" am 13. November 1997

Titelblatt der MZ-Schwesterzeitung "Diario de Mallorca" am 13. November 1997 Archiv

Es schien alles geplant: Die Mörder verschafften sich unbemerkt Zugang zu der Finca, keiner der Nachbarn hörte Meisels Wachhunde bellen. Die Opfer wurden mit je zwei Kugeln in den Hinterkopf getötet. Spuren eines Kampfes gab es nicht. Auch die Schüsse hörten die Nachbarn nicht. Die Mörder hatten Kissen als Schalldämpfer genutzt, die restlichen Geräusche gingen im Gewitter unter. Dann sammelten die Mörder die Patronenhülsen ein und verschwanden, lange bevor eine Angestellte morgens die drei Leichen fand. Die Ermittler schlossen einen Raubüberfall aus, als sie große Mengen an Bargeld fanden. Die erste Hypothese war ein professioneller Auftragsmord.

Die spanische Nationalpolizei arbeitete in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten frenetisch an dem Fall. Die Ermittlungen sollen dadurch erschwert worden sein, dass der Bekanntenkreis rund um Manfred Meisel nur wenig mit der Polizei kooperierte. Manche gaben an, kein Spanisch zu verstehen, obwohl sie seit 30 Jahren auf der Insel wohnten, andere gaben nur spärlich Auskunft. 1999 wurde der Fall zu den Akten gelegt.

Ein Vertrauter des "Bierkönigs" unter Verdacht

2007 sah es dann kurz so aus, als würde der cold case doch noch gelöst. Ein Vertrauter von Manfred Meisel hatte Freunden betrunken erzählt, den dreifachen Mord verschuldet zu haben. Der Mann hatte nach Meisels Tod eine Beziehung mit dessen Witwe begonnen, die aber inzwischen wieder zerbrochen war. Diana Ritter, die Mutter des achtjährigen Patrick, war zum Zeitpunkt der Morde in Deutschland, weil sie schwanger war und medizinisch untersucht wurde. Meisels Vertrauter wurde 2007 wegen Mordes festgenommen. Aber die Polizei konnte nicht nachweisen, dass er es wirklich getan hatte, letztendlich verlief die Ermittlung im Sande. 2017 verjährte der Mord in Spanien.

Trotzdem reißt die Faszination an der schillernden Figur Manfred Meisel nicht ab. So orientiert sich etwa RTL in seiner fiktiven Serie „Der König von Palma“ lose an Meisels Geschichte. Auch der Podcast „The Real Bierkönig – Mord auf Mallorca“ von den Journalisten Phil Jahner und Marcus Engert hat sich im Jubiläumsjahr mit dem berühmten Mordfall befasst. Die beiden schafften es mit ihrem True-Crime-Podcast bis nach oben in den Spotify-Charts. Nach ihrer Recherche stellen sie die Hypothese auf, dass die Eindringlinge nicht direkt das Ziel hatten, zu morden. „Wir denken, dass etwas sehr schiefgegangen ist“, sagt Jahner. Lösen konnten auch die Journalisten den Fall natürlich nicht.

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