Hells Angels-Prozess in Madrid: 34 Angeklagte schließen Deals mit dem Staatsanwalt

Tag 1 ist vorbei: Einer der Hauptangeklagten kommt frei, Frank Hanebuth nimmt weiter auf der Anklagebank Platz

Frank Hanebuth (Mitte) auf dem Weg ins Gericht.

Frank Hanebuth (Mitte) auf dem Weg ins Gericht. / dpa

Johannes Krayer

Johannes Krayer

Es war ein langer Tag an der Audiencia Nacional, dem Nationalen Gerichtshof in San Fernando vor den Toren der spanischen Hauptstadt Madrid: Im Prozess gegen 49 Mitglieder und Helfer der Rockerbande Hells Angels hat sich am ersten Prozesstag am Montag (23.1.) allerdings auch einiges getan.

Die Verteidigerinnen und Verteidiger von 34 Angeklagten kamen bereits vor Prozessbeginn zu einer Einigung mit der Staatsanwaltschaft, die im Gegenzug mit ihren ursprünglichen Strafforderungen ordentlich herunterging. Darunter waren mehrere Angeklagte, denen die spanische Justiz vor allem die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vorwarf. Viele der Beschuldigten waren bei einer Razzia auf Mallorca im Juli 2013 festgenommen worden.

Geldstrafe statt 38 Jahre Haft

Auch einer der Hauptangeklagten, K. Y., für den die Staatsanwaltschaft ursprünglich 38 Jahre Haft gefordert hatte, schloss eine Vereinbarung und akzeptierte ein Strafmaß von zwölfeinhalb Jahren. K. Y. kann sogar das Gefängnis umgehen, wenn er eine Geldstrafe von rund 36.000 Euro zahlt.

Sein Bruder A. Y. sitzt hingegen weiterhin auf der Anklagebank. In seinem Fall beträgt die Haftforderung 33,5 Jahre. Auch zwei Beamte der Ortspolizei Palma sowie ein Guardia Civil sind weiterhin angeklagt.

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Ebenso der wohl bekanntest unter den Prozessteilnehmern: der ehemalige Chef der Hannoveraner Hells Angels, Frank Hanebuth. Er will es drauf ankommen lassen und rechnet offenbar mit einem Freispruch aus Mangel an Beweisen. Für ihn fordert die Staatsanwaltschaft 13 Jahre Haft. Der Hannoveraner wird in den nächsten Prozesstagen aussagen müssen. Derzeit sind zehn Verhandlungstage angesetzt.

Organisation mangelhaft

Der Prozess in einem Gewerbegebiet rund 20 Kilometer außerhalb des Zentrums von Madrid startete ähnlich chaotisch wie auch der bisherige Verlauf der Causa Hells Angels auf Mallorca war. Der Beginn war auf 10 Uhr angesetzt. Knapp vier Stunden verstrichen mit Unterredungen zwischen Staatsanwaltschaft, Verteidigern und Angeklagten, die schließlich die deutlichen Haftreduktionen zur Folge hatten. Es hatte teilweise etwas von einem Basar. Und kaum ging der Prozess dann los, rief die Vorsitzende Richterin Teresa Palacios zur Mittagspause.

Im Saal selbst hatte ein Großteil der 49 Angeklagten Platz genommen, auch fast alle der rund 40 Anwälte waren erschienen. Der Raum platzte aus allen Nähten, die Akustik war miserabel und viele der Angeklagten verstanden nur wenig von dem, was da gesagt wurde. Wenn für die deutschen Angeklagten etwas übersetzt wurde, dann meist nur bruchstückhaft oder gar falsch. Entsprechend groß war der Unmut auf der Anklagebank.

Anwältin Mar Vega zerreißt Anklageschrift

Pfeffer kam dann noch am Nachmittag rein, als zunächst die 34 Angeklagten, die zu einer Einigung gekommen waren, den Saal verlassen durften und danach die Anwältin der Brüder Y., Mar Vega, mit den Methoden des Ermittlungsrichters und der Staatsanwaltschaft abrechnete. Mar Vega focht die gesamten Ermittlungen, das Beweismaterial, die polizeilichen Dokumente sowie die Zeugenaussagen an. Vor allem ging es um den Terminus "kriminelle Vereinigung", den die Staatsanwaltschaft für die Hells Angels zugrunde legt.

Mar Vega erklärte, dass es in Spanien 20 eingetragene Hells-Angels-Vereine gibt. Und um sich als solchen Verein eintragen zu lassen, bedürfe es eines positiven Berichts des Innenministeriums. "Das heißt also, von der Polizei. Von derselben Polizei, die nun versucht, diesen Verein als verbotene Vereinigung darzustellen", sagte sie.

Zu einer Einstellung des Verfahrens gebe es keine Alternative, schloss Anwältin Vega. Ob es dazu kommt und ob es vielleicht schon am zweiten Prozesstag am Dienstag (24.1.) so weit sein wird, muss abgewartet werden. Der Staatsanwalt zumindest ließ, als er die Haftreduktion für K. Y. verlas, schon mal eine Hintertür offen. Er sprach nicht mehr von einer "kriminellen Vereinigung" der Hells Angels im Allgemeinen, sondern nur noch in Bezug auf das Mallorca-Charter. Dieser Ableger der Rockergang soll laut Staatsanwaltschaft von Frank Hanebuth aufgebaut worden sein.