Frust über neuen Parkplatz am Strand Cala Agulla bei Cala Ratjada auf Mallorca

Die Entscheidung für einen neuen Parkplatz in den Dünen hinter dem beliebten Naturstrand gefällt nicht allen. Die Anwohner wehren sich weiter

Sorgt seit Jahren für Diskussionen: der Dünenparkplatz an der Cala Agulla.

Sorgt seit Jahren für Diskussionen: der Dünenparkplatz an der Cala Agulla. / Sophie Mono

Sophie Mono

Sophie Mono

Am 24. Januar hat das Balearen-Parlament die Entscheidung abgesegnet: Der Parkplatz hinter dem beliebten Naturstrand Cala Agulla bei Cala Ratjada soll künftig auf ein Weidegrundstück direkt hinter dem aktuellen Parkplatz umziehen. Die gleiche Anzahl an Stellflächen wie bisher, nur eben ein paar Meter weiter landeinwärts. Keine großen Umstellungen also, könnte man meinen. Weder für die Strandgänger, noch für die Gemeinde und den Landbesitzer, die nun beginnen können, den neuen Parkplatz herzurichten – beide Grundstücke gehören demselben Eigentümer. Eine einfache Lösung, um nicht weiter – wie jahrzehntelang geschehen – gegen Umweltschutzauflagen zu verstoßen. Doch die Situation ist deutlich komplexer, als sie der sozialistische Bürgermeister von Capdepera, Rafel Fernández, öffentlich darstellt.

Das wird vor allem im Gespräch mit den Anwohnern deutlich, die im Hinterland der Cala Agulla ihre Fincas haben. Viele Deutsche und Mallorquiner wohnen oft schon seit Jahrzehnten in der ländlichen Gegend außerhalb des trubeligen Cala Ratjada. In dem Labyrinth aus schmalen Zufahrtswegen leben rund 100 Familien, ein Großteil von ihnen hat sich im Sommer der neu gegründeten Nachbarschaftsorganisation Son Jaumell angeschlossen. Deren Position: Der etwa 40 Jahre lang irregulär betriebene Parkplatz, den an Sommertagen schon mal 1.000 Autos frequentieren und dessen Stellfläche durch die Erweiterung des Naturschutzgebiets Parc de Llevant nun unter noch strengere Naturschutzauflagen fällt, darf nicht einfach um ein Grundstück nach hinten verlegt werden.

Weiter Autoschlangen im Dünenwald

„Das hilft unter Umweltgesichtspunkten, um die es ja angeblich geht, überhaupt nicht“, so einer der Sprecher der Vereinigung beim Treffen mit der MZ. Weil weiterhin Autoschlangen die Zufahrtsstraße verstopfen werden, die sich durch den ebenfalls in geschütztem Gebiet befindlichen Dünenwald schlängelt. Weil die Alternative, die zwar nie offiziell ausgesprochen, wohl aber vor einigen Jahren vom Rathaus ins Gespräch gebracht wurde – die Ausfahrt statt durch den Wald, künftig durch die kleinen Wege der Finca-Siedlung zu leiten –, erst recht zum Kollaps führen würde. „Und weil es einfach nicht mehr zeitgemäß ist, durch Infrastruktur für motorisierte Fahrzeuge dazu beizutragen, dass Naturräume überrannt werden.“ Erst recht nicht, nachdem eben erst die Änderung des Baugesetzes verabschiedet wurde, das ländlichen Grund doch eigentlich besser schützen soll.

Im Gespräch mit den Anwohnern, die nicht namentlich genannt werden wollen, ist viel Frust herauszuhören. Klar: Sie sind von den Änderungen am stärksten betroffen. Denn die als ländlicher Grund deklarierte Weidefläche, auf der bald geparkt werden soll, grenzt unmittelbar an die bebauten Grundstücke an. Die Strandgäste – und möglicherweise auch die Camper, die bisher ebenfalls auf dem Parkplatz Stellflächen hatten – dürften dann bald zu direkten Nachbarn der Anwohner werden. „Und wenn sie wirklich die Ausfahrt an unseren Grundstücken entlang organisieren wollen, dann wird es über kurz oder lang Enteignungen geben müssen, denn die Straße ist so, wie sie jetzt ist, viel zu schmal für so viele Autos, Wohn-, Liefer- und Müllwagen“, heißt es bei der Initiative.

Am meisten ärgere sie jedoch, dass sich das Rathaus den Dialog mit den Bürgern verwehrt habe, sagen die Anwohner. Seit Jahren weigere sich die von den Sozialisten geführte Gemeindeverwaltung, das Vorhaben mit den Bürgern zu diskutieren und gemeinsam nach Alternativen zu suchen. „Wir erfahren alles immer nur durch Hörensagen oder durch die Presse. Dabei haben wir mehrmals und vehement darauf gepocht, Gespräche herbeizuführen.“ Gehör habe man sich allein bei den Vertretern der oppositionellen PP verschaffen können. „Die versprachen uns im Vorfeld, dass sie auf unserer Seite sind. Aber letztlich haben sie im Parlament auf Geheiß der Kollegen aus Capdepera doch für den neuen Parkplatz gestimmt. Es waren die entscheidenden Stimmen, die PSOE und Més gefehlt haben. Wir fühlen uns verraten.

Kungeleien gewittert

Die Initiative wittert zudem Kungeleien zwischen Gemeindevertretern und dem Besitzer der Parkplatzflächen. Schon vor vier Jahren, als erstmals klar wurde, dass der aktuelle Parkplatz langfristig nicht mehr zu halten ist, habe der Eigentümer das angrenzende Grundstück von ehemaligen Besitzer aus Barcelona erworben, angeblich mithilfe des Rathauses. Ohne jegliche rechtliche Grundlage hätten kurz darauf sogar schon Baubewegungen auf dem Grundstück stattgefunden, beteuern die Anwohner. Letztlich unterband die Naturschutzeinheit Seprona der Guardia Civil die Arbeiten, das Ganze mündete in einem Verfahren gegen die Eigentümer. "Und jetzt ist der Bürgermeister den Weg über das Balearen-Parlament gegangen, um sein Vorhaben doch auf legalem Wege durchzusetzen.“

Tatsächlich glänzt Gemeindeoberhaupt Rafel Fernández beim Thema Parkplatz aktuell nicht durch Auskunftsfreude. Auf eine MZ-Anfrage stellt er sich stumm: Er sei in den kommenden Wochen „aus Zeitgründen“ nicht zu einer kurzen Stellungnahme bereit, ließ er durch einen Sprecher ausrichten. Auch die Frage, wann der neue Parkplatz in Betrieb genommen werde, blieb unbeantwortet. Bei einem Interview im vergangenen Sommer hatte Fernández noch berichtet, dass er das befürchtete Parkchaos, das durch die Schließung des alten Geländes entstehen würde, abgewandt hätte. Eine unkomplizierte Lösung sei gefunden. Gegenüber der Zeitung „Última Hora“ bezeichnete er die Abstimmung im Parlament nun als „historische Entscheidung“.

Alternative Shuttlebusse

Auf der Seite der Anwohner stehen neben der Linkspartei Podemos, den liberalen Ciudadanos sowie der stramm rechten Vox, auch die Umweltschutzgruppe GOB. Diese fordert, einen Parkplatz im Ortsinneren und Shuttlebusse zum Strand einzurichten. „Das wäre sinnvoll und möglich, es gibt Alternativen“, heißt es aus dem Anwohnerverband. Zahlreiche Grundstücke eigneten sich dafür. Aufgeben wollen die Anwohner, die in regem Kontakt mit Anwälten sind, nicht. „Wir werden weiterkämpfen. Aber dazu brauchen wir endlich offizielle Pläne, die wir prüfen können.“