Letzter Tag im Prozess gegen die Hells Angels: Am Ende ergriff Frank Hanebuth das Wort

Staatsanwaltschaft beharrte auf "krimineller Vereinigung", Verteidiger forderten durch die Bank Freisprüche

Frank Hanebuth gemeinsam mit einer Übersetzerin bei seinem Schlusswort im Hells-Angels-Prozess in San Fernando de Henares am 10.2.2023.

Frank Hanebuth gemeinsam mit einer Übersetzerin bei seinem Schlusswort im Hells-Angels-Prozess in San Fernando de Henares am 10.2.2023. / Screenshot Audiencia Nacional

Johannes Krayer

Johannes Krayer

Nach insgesamt neun Verhandlungstagen ist der Prozess gegen Frank Hanebuth und die Hells Angels am Freitagabend (10.2.) in San Fernando de Henares mit den abschließenden Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung zu Ende gegangen. Auch der Hannoveraner Rockerboss ergriff dabei das Wort. Wann nun die Urteile fallen und veröffentlicht werden, ist noch völlig unklar. Eine Gerichtssprecherin sagte der MZ am Freitag, üblicherweise würden 15 Tage bis mehrere Wochen bis zu einem Urteil verstreichen. In einem derart komplizierten Verfahren mit vielen Beteiligten wie dem vorliegenden könne es aber auch deutlich länger dauern.

Die Schlussplädoyers des Staatsanwaltes José Grinda waren zwar wortgewaltig und detailreich, doch wirkte es erneut so, dass die Beweislage gegen die Hells Angels und ihre Helfer, die bei einer Razzia im Juli 2013 unter anderem auf einer Finca nahe Lloret de Vistalegre auf Mallorca festgenommen worden waren, eher dürftig ist. Der Staatsanwalt wiederholte die Ausgangsannahme, dass es sich beim Hells Angels-Charter Mallorca - von dem nicht einmal wirklich klar ist, ob es in dieser Form zwischen 2011 und 2013 überhaupt existierte - um eine kriminelle Vereinigung handelte.

Angeklagte waren nicht aufzufinden

Dass sich der Prozessbeginn so lange hinausgezögert hat, erklärte Grinda vor allem mit der Schwierigkeit der Staatsanwaltschaft, die Angeklagten ausfindig zu machen. Selbst während des Prozesses waren vier der Angeklagten nicht auffindbar gewesen. Diese lange Verzögerung führte allerdings letztlich unter anderem dazu, dass die Staatsanwaltschaft die Strafforderungen gegen die Angeklagten verringerte.

Das reichte den Anwältinnen und Anwälten erwartungsgemäß nicht aus. Sie forderten einvernehmlich Freisprüche für ihre Mandanten. Wie bereits an den vergangenen Verhandlungstagen zeigte sich die Anwältin von A.Y., einem der Hauptangeklagten, am eloquentesten und begann die Ausführungen der Verteidigung.

Frank Hanebuth vor dem Beginn des Hells-Angels-Prozesses in Madrid.

Frank Hanebuth vor dem Beginn des Hells-Angels-Prozesses in Madrid. / Alberto Ortega/Europa Press

"Kein einziger Beweis"

Sie fühle sich angesichts des Prozessablaufs an eine Gerichtsverhandlung in Kuba vor 20 Jahren erinnert, der sie als Zaungast beiwohnte. Mit einem funktionierenden Rechtssystem, wie man es in Spanien vermutet, habe die Verhandlung wenig zu tun gehabt. Die Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft seien eine "Geschichte"; ein schöner Stoff für ein Drehbuch. Wenn man genauer hinschaue, sei allerdings nichts dahinter. Es gebe keinen einzigen Beweis für die Thesen der Staatsanwaltschaft.

Nach und nach nahm Mar Vega die Argumente der Staatsanwaltschaft auseinander und erneuerte ihre Forderung danach, den Prozess für nichtig zu erklären. Wenig überraschend forderte sie einen Freispruch für ihren Mandanten A.Y., für den die Staatsanwaltschaft nach einer anfänglichen Strafforderung von 33,5 Jahren letztendlich noch 27 Jahre Haft forderte.

Hells-Angels-Präsidenten hätten nichts zu befehlen

Ähnlich argumentierten die anderen Verteidigerinnen und Verteidiger. So auch Ana Madera, die den ehemaligen Präsidenten des Hannover-Charters, Frank Hanebuth, vertrat. Hanebuth habe selbst mit Hilfe der abgehörten Telefonate, die laut der Verteidigung ohnehin nicht hätten abgehört werden dürfen, keine einzige Straftat nachgewiesen werden können. Von einer Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung könne genauso wenig die Rede sein wie von illegalem Waffenbesitz.

Die einzige Waffe, die im Lauf des Prozesses eine größere Rolle spielte, war ein umgerüstetes Jagdgewehr, das auf der Finca Son Paraíso gefunden wurde, auf der Hanebuth bei seinen Mallorca-Aufenthalten gewöhnlich unterkam. Und von der die Staatsanwaltschaft behauptet, sie gehöre ihm zu 70 Prozent. Etwas, das Hanebuth kategorisch verneint. Der Tatbestand der Geldwäsche sei ebenfalls mit keinem einzigen Beweis unterfüttert, ebenso wenig wie die angebliche Bedrohung, die Hanebuth vorgeworfen wurde. So könne nur ein Freispruch die logische Folge sein.

Nach den Ausführungen der Verteidigung bekamen die Angeklagten noch die Möglichkeit, ein letztes Wort an den Saal zu richten. Die meisten anderen Angeklagten verzichteten darauf, nicht aber Frank Hanebuth. Er hatte sein Schlusswort auf zwei Zetteln vorbereitet. "Wir sind keine kriminelle Vereinigung", unterstrich er zunächst. Offenbar aus Sorge, dass er dennoch als dessen Anführer verurteilt werden können, beschrieb er, wie die Hells Angels weltweit organisiert seien. Es sei der einzige "basisdemokratische" Motorradclub weltweit. Es gebe keine weltweiten, europäischen oder nationalen Chefs.

Die lokalen Charter seien alle "autark", also eigenständig. "Der Präsident vertritt nur das Charter und ist nicht berechtigt, irgendwelche Befehle zu geben, das bedarf immer eines gemeinsamen Beschlusses", sagte Frank Hanebuth, bevor er sich mit einem freundlichen "muchas gracias"· verabschiedete.

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