Das kleine ABC des Mallorca-Wetters: Was es mit Kaltlufttropfen, Rissaga und Mikroklima auf sich hat
Der Herbst macht, was er will. Das Wetter ist wechselhaft. Doch was hat es mit diesem Kaltlufttropfen auf sich? Und wann kann man von einem Temperatursturz sprechen? Ein Überblick über wichtige Fachbegriffe

Bei einer heftigen „rissaga“ kann es zu Überschwemmungen kommen. Hier zu sehen in Ciutadella auf Menorca. | FOTO: BAGUR/EFE
Hitzewelle
Sobald die Temperaturen auf der Insel über die 30-Grad-Marke schreiten, rufen die Medien gerne vorschnell eine Hitzewelle aus. Dabei ist die Definition des spanischen Wetterdienstes Aemet eindeutig: Für eine ola de calor müssen die Temperaturen an einem Ort an drei aufeinanderfolgenden Tagen mindestens eine bestimmte Gradzahl erreichen. Der Wert schwankt je nach Region. Auf den Balearen ist die magische Grenze 39 Grad. Die mallorquinischen Sommer sind heiß, Hitzewellen treten dann aber doch nicht so oft auf.
Kältewelle
Hier wird es schon kniffliger. Analog zur Hitzewelle gibt es eine Definition des Wetterdienstes: „An drei aufeinanderfolgenden Tagen müssen mindestens zehn Prozent der betrachteten Wetterstationen Tiefsttemperaturen unter dem 5. Perzentil der täglichen Tiefsttemperaturen für die Monate Januar und Februar im Zeitraum 1971–2000 registrieren.“
Um das 5. Perzentil zu errechnen, werden vereinfacht gesagt die 89 kältesten Tage dieser 30 Jahre herausgesucht und die Durchschnittstemperatur gebildet. Auf Mallorca liegt die je nach Wetterstation zwischen vier und minus zwei Grad. Wird es an drei aufeinanderfolgenden Tagen kälter, ist also von einer ola de frío die Rede.
Kaltlufttropfen
Wenn der Sommer endet, steigt die Wahrscheinlichkeit für die gota fría oder, wie der technische Ausdruck im Spanischen lautet, eine DANA (Depresión Aislada en Niveles Altos, deutsch: abgeschnittenes Höhentief). Das warme Mittelmeerwasser verdampft und steigt bis zu zehn Kilometer hoch auf. Wenn sich dann die ersten atlantischen Tiefausläufer mit feuchtkalter Luft über das Mittelmeer schieben, türmen sich auf breiter Front gewaltige Gewitterwolken auf. Prallen die Luftmassen aufeinander, kommt es zu Sturzregen, bei denen auch schon mal 200 Liter Wasser pro Quadratmeter oder mehr gemessen werden können. Binnen kürzester Zeit heißt es dann auf der Insel: Land unter. Straßen werden überflutet, Tiefgaragen und Senken stehen unter Wasser. Die bis dahin ausgetrockneten Sturzbäche, sogenannte torrentes, verwandeln sich in reißende und gefährliche Wildbäche, in denen schon manch Unvorsichtiger ertrunken ist.
Mikroklima
So groß ist die Insel nicht, dennoch kann sich das Wetter regional stark unterscheiden. Vom Mikroklima ist die Rede, wenn sich an einem Ort über viele Jahre wettertechnische Unterschiede zur restlichen Umgebung ereignen. Das ist meist durch geografische Besonderheiten der Fall. Lluc befindet sich beispielsweise in einer Senke. Kalte Luft bleibt in dem Tal hängen und sorgt dafür, dass die Nächte dort eisig sind. In Palma sind die Temperaturen meist höher, da die warmen Luftmassen zwischen den Häusern besser verbleiben.
Regenwahrscheinlichkeit
Um diesen Begriff ranken sich verschiedene Theorien. Der spanische Wetterdienst gibt die Regenwahrscheinlichkeit in Prozent von null bis 100 an. Nehmen wir mal 50 Prozent. Im Volksmund wird gerne behauptet, dass es dann in 50 Prozent des betroffenen Gebietes regnen wird. Oder 50 Prozent des Tages. Beide Theorien sind falsch. Die Zahl sagt aus, dass es in 50 Prozent, also an fünf von zehn Tagen, bei gleichen Wetterbedingungen in der Vergangenheit geregnet hat. Je höher die Zahl, umso wahrscheinlicher ist also der Regen. Wenngleich es oft genug auf Mallorca passiert, dass es bei 100 Prozent trocken bleibt.
Rissaga
So lautet die mallorquinische Bezeichnung für einen Meteotsunami, im deutschen Volksmund auch als Seebär bekannt. Die Auswirkungen ähneln denen eines kleinen Tsunamis: Schlagartig werden Küsten und Häfen überflutet. Der normale Tsunami wird durch Erdbeben ausgelöst, die rissaga durch Luftdruckschwankungen, die den Meeresspiegel anheben. Damit es zu einem Meteotsunami kommt, müssen verschiedene physikalische Bedingungen erfüllt werden. Daher tritt das Phänomen meist nur an konkreten Orten auf, zumeist vor Menorca. Ist die rissaga besonders heftig, sind die Auswirkungen meistens auch in Alcúdia zu spüren.
Schlammregen
Die deutsche Übersetzung von lluvia con barro klingt so schmutzig wie der mit Saharastaub versetzte Regen. Wenn es schlagartig wärmer auf Mallorca wird, liegt das meist an heißen Luftmassen aus Afrika, die den Staub im Gepäck haben. Der beschmutzt immer wieder Terrassen und Autos. Besonders dreckig wird es, wenn Niederschlag hinzukommt.
Temperatursturz
Bei dem Begriff scheiden sich die Geister. Auch dem deutschen Wetterdienst ist auf MZ-Anfrage keine offizielle Definition bekannt. „In der Tat spricht man von einem Temperatursturz, wenn die Temperatur innerhalb von Minuten um zehn Grad oder mehr absinkt. Aber auch bei einem Abfall der Temperatur um mehr als zehn Grad innerhalb von 24 Stunden lässt sich meiner Meinung nach noch von einem Temperatursturz reden“, so Meteorologe Sebastian Schappert. Wichtig dabei sei, dass Luftaustausch stattfindet. Dass es nachts naturgemäß kälter als tagsüber ist, stellt demzufolge kein Temperatursturz dar.
Tropennacht
In der Nacht auf Sonntag (5.10.) gab es auf Mallorca wieder eine solche. Die noche tropical tritt dann ein, wenn die Temperaturen nachts nicht unter die 20-Grad-Marke sinken. Im Sommer ist das auf Mallorca fast täglich der Fall. Da die spanischen Nächte heißer als die deutschen sind, geht der Wetterdienst hierzulande sogar noch zwei Schritte weiter. Bei einer noche tórrida (brennend heiße Nacht) werden es nicht weniger als 25 Grad, bei einer noche infernal (Höllennacht) mindestens 30 Grad.
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