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Prozess um Baby in Müll-Container: Starke Zweifel am Sachverständigen, Verfahren ausgesetzt

Die Richterin will sich vom Sachverständigen der Verteidigung seine Qualifikationen nachweisen lassen, bevor es weitergehen kann

Die drei Angeklagten vor Gericht.

Die drei Angeklagten vor Gericht. / B. Ramon

Marcos Ollés

Marcos Ollés

Der Prozess auf Mallorca um das Baby, das im November 2023 in Porto Cristo in einen Müllcontainer geworfen wurde, ist am Mittwoch (29.10.) für eine Woche ausgesetzt worden. Wie die MZ-Schwesterzeitung "Diario de Mallorca" berichtet, besteht die Wahrscheinlichkeit, dass der Prozess für ungültig erklärt und wiederholt werden muss.

Die Richterin traf diese Entscheidung, nachdem bekannt geworden war, dass einer der von der Verteidigung berufenen Sachverständigen, Carlos Cuadrado, erst im Juli wegen Betrugs zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt worden war. Der Spanische Gerichtshof hatte es als erwiesen angesehen, dass Cuadrado Dutzende Menschen mit nicht gesetzeskonformen Kursen und Abschlüssen an einem von ihm gegründeten Verband für Kriminologie getäuscht hatte.

Zweifel am Sachverständigen

Bereits vor zwei Jahren hatte er vor Gericht gestanden. Ihm war vorgeworfen worden, seine Dienste als Sachverständiger bei Gerichtsprozessen beworben zu haben, ohne über ausreichende Qualifikationen zu verfügen. Damals wurde er freigesprochen.

Das Landgericht in Palma möchte sich nun vergewissern, dass Cuadrado über alle notwendigen Titel verfügt, bevor der Prozess weitergeführt wird. Spätestens kommenden Mittwoch will die Richterin entscheiden. Während des Gerichtsverfahrens hatte Cuadrado ausgesagt, dass das Baby tot auf die Welt kam. Damit widersprach er der These der Gerichtsmediziner.

Sollte Cuadradro seine Qualifikationen nicht nachweisen können, dürfte es zu einem Abbruch des Verfahrens kommen. Theoretisch wäre es möglich, einen Ersatz zu engagieren. Allerdings müsste dieser innerhalb von fünf Tagen ein Gutachten erstellen. Da es sich um einen Geschworenenprozess handelt, ist die Anzahl der Tage, an denen das Verfahren unterbrochen werden kann, streng limitiert.

Das sagt der Sachverständige

Cuadrado derweil weist alle Vorwürfe von sich und spricht gegenüber dem "Diario de Mallorca" von einer "Hexenjagd". Er habe an einer Universität in Kalifornien einen Abschluss in Medizin und Chirurgie erlangt. Zudem habe er ein Diplom an der US-Eliteuniversität Harvard erhalten. Weitere Abschlüsse habe er an der britischen Traditionsuni Oxford sowie an einer Universität in Spanien gemacht. Er befinde sich im Verfahren, die ausländischen Titel in Spanien anerkennen zu lassen.

Bezüglich des Urteils wegen Betrugs erklärte er, dass dieses Verfahren in Revision gegangen sei.

Darum geht es in dem Verfahren

In einem der aufsehenerregendsten Kriminalfälle der letzten Jahre auf Mallorca wird drei Personen vorgeworfen, im November 2023 ein lebendes Neugeborenes in einen Müllcontainer in Porto Cristo geworfen zu haben. Das Baby starb an seinen schweren Verletzungen im Abfall.

Im Mittelpunkt des Verfahrens stehen die 40-jährige Mutter des Kindes sowie ihr Schwager, gegen die die Staatsanwaltschaft wegen Mordes mit dem erschwerenden Umstand des Verwandtschaftsverhältnisses ermittelt.

Für beide fordert die Anklage lebenslange Freiheitsstrafe mit der Möglichkeit auf Freilassung nach Überprüfung, die härteste Sanktion des spanischen Strafrechts. Die Schwester der Mutter, die während des Geschehens anwesend war, ist wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagt – gegen sie beantragt die Staatsanwaltschaft lediglich eine Geldstrafe. /pss

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