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Kältetechnik in Solingen: So bildet ein deutsches Unternehmerpaar Mallorquiner aus

Tibor und Nicole Hargitai initiierten nach Lektüre eines MZ-Artikels ein Ausbildungsprogramm für mallorquinische Berufsschüler - und machten ausgesprochen gute Erfahrungen

Gruppenfoto der mallorquinischen Berufsschüler, ihren Lehrern und Nicole (4. v. re.) und Tibor Hargitai (3. v. re.).

Gruppenfoto der mallorquinischen Berufsschüler, ihren Lehrern und Nicole (4. v. re.) und Tibor Hargitai (3. v. re.). / Nicole Hargitai

Johannes Krayer

Johannes Krayer

Es war ein Artikel in der Mallorca Zeitung, der Tibor Hargitai auf den völkerverbindenden Gedanken brachte. Der Geschäftsführer von Coolconcept, einer Firma für Kälteanlagen und Klimatechnik im nordrhein-westfälischen Solingen, las über die Handwerksausbildung auf Mallorca und darüber, dass an der Berufsschule IES Politècnic künftige Klimatechniker ausgebildet werden, die auf der Suche nach Praktikumsplätzen sind.

Praktischerweise sprach seine Frau Nicole nach einem längeren Auslandsaufenthalt in Barcelona und Alicante fließend Spanisch. „Ich habe zu ihr gesagt: ‚Ruf doch mal an der Schule an, vielleicht haben die ja Interesse an Praktikumsplätzen in Deutschland‘“, sagt Hargitai. Sie hatten. An der IES Politècnic gibt es dank des Austauschprogramms Erasmus+ bereits seit Jahren eine Zusammenarbeit mit der Rendsburger Berufsschule in Schleswig-Holstein.

Sehr schnell in Deutschland

Hargitai durfte im Dezember 2024 in Palma sein Unternehmen vorstellen. Ab diesem Moment ging alles ganz schnell: Vier Berufsschüler zeigten großes Interesse an einem Kältetechnik-Praktikum in Deutschland. Schon im März waren sie in Solingen. „Wir haben ein Haus bei Airbnb angemietet, in dem die Praktikanten wohnen konnten“, erzählt Hargitai.

Einer der Berufsschüler aus Palma befand sich bereits in seinem dritten Lehrjahr und absolvierte bei Coolconcept sein zehnwöchiges Pflichtpraktikum. „Er hat sehr viel mitgenommen aus der Zeit bei uns und hat durchblicken lassen, dass er sich vorstellen könnte, später auch in Deutschland zu arbeiten“, sagt der Geschäftsführer.

In Deutschland sehr viel praktischer

Die anderen drei Mallorquiner waren vier Wochen in Solingen zu Gast und wurden wochenweise in den verschiedenen Abteilungen der Firma eingesetzt: bei der Kältetechnik, die vor allem in Industriebetrieben eingesetzt wird, bei der Klimatechnik für private Anwesen, in der Abteilung für Heiztechnik und in einer Lehrwerkstatt, die Tibor Hargitai ebenfalls betreibt und in der seine derzeit 22 Lehrlinge ebenfalls bestimmte Zeiträume absolvieren müssen.

Was den Deutschen auffiel: Für die drei jüngeren Mallorquiner war es das erste Praktikum innerhalb ihrer Ausbildung überhaupt. Die Handwerksausbildung auf Mallorca ist nach wie vor eher verschult und deutlich weniger praktisch orientiert ist als in Deutschland. Tibor Hargitai sagt deshalb auch: „Die Kooperation mit den Berufsschülern aus Palma ist für uns eher mittel- und langfristig ausgelegt. In der Zeit ihres Praktikums können sie uns wenig Arbeit abnehmen, aber vielleicht kommen sie ja nach ihrem Abschluss zu uns als Arbeitskräfte zurück.“

Einfach mal mit anpacken

Für die Mallorquiner sei das Auslandspraktikum in Deutschland auf jeden Fall von großem Nutzen, wie die Koordinatorin für das Programm an der IES Politècnic, Marisa Soler, der MZ sagt: „Durch den hohen Praxisanteil in der Ausbildung in Deutschland lernen unsere Schüler in den Wochen dort überdurchschnittlich viel.“ Zumal sich Hargitais Firma neben der Arbeit im Betrieb auch um eine Fortbildung für die jungen Leute kümmerte.

„Auf Mallorca gibt es kaum große Industriebetriebe, wo die Schüler das Gelernte in die Tat umsetzen können, wie etwa große Produktionsstraßen in der Zuliefererwirtschaft, die gekühlt werden müssen“, erzählt Tibor Hargitai. Doch auch über das Fachliche hinaus sei ein solcher Austausch ein Gewinn. So hätten sich Freundschaften entwickelt zwischen den Praktikanten und festen Mitarbeitern seiner Firma. „Und das, obwohl sie zu Beginn teilweise etwas besorgt waren aufgrund ihrer Englisch-Kenntnisse. Das hat sich aber schnell als unbegründet herausgestellt.“

Gutes Englisch-Niveau

Das Englisch-Niveau der spanischen Austauschschüler sei sehr ordentlich gewesen . Und wenn sie dann doch einmal das Heimweh nach ihrer Muttersprache packte, war ja da noch Nicole Hargitai. Sie leitet inzwischen eine Personalvermittlung für spanischsprachige Arbeitskräfte, die in Deutschland arbeiten wollen.

Auch ein Kolumbianer war zur selben Zeit drei Monate zu Gast bei dem Solinger Unternehmen. Aristóteles Casalla würde gerne sofort bei Coolconcept anfangen zu arbeiten und mittelfristig auch seine Familie nachholen. Einen Arbeitsvertrag und auch eine Wohnung kann er vorweisen. Aber es scheitert noch an den Behörden. „Das ist sehr schade, denn Deutschland betont ja ständig, wie sehr Fachkräfte fehlen. Aber wenn dann mal eine aus dem Ausland da ist, bekommt sie kein Visum“, kritisiert Tibor Hargitai.

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